Karel Appel gilt als einer der interessantesten und vielseitigsten
Künstler des 20. Jahrhunderts. Seine Werke befinden sich in
allen namhaften Museen der Welt. International bekannt wird er
in den späten vierziger Jahren als Mitbegründer der legendären,
avantgardistischen Künstlergruppe CoBrA.
Appel und in der Folge die Mitglieder von CoBrA (der Name setzt
sich aus den Anfangsbuchstaben der Städte zusammen, aus denen
die Mitglieder der Gruppe kommen: Copenhagen, Brüssel, Amsterdam)
setzen mit ihrer ungestümen Malweise - aus der Art brut, der
aussereuropäischen Kunst und der Kinderzeichnung schöpfend
- ein Zeichen der Befreiung von eingefahrenen Strategien. Unmittelbar
nach dem Krieg besinnen sich die Maler wieder auf den Individualismus,
auf Mythen und das Archaische. Rationalistische und gesellschaftsverbessernde
Ideologien, die nicht selten von der damaligen Kunst ausgegangen
sind, gelten als grossteils gescheitert oder sind als utopische
Modelle versandet. Der Anspruch, Kunst in alle Bereiche des alltäglichen
Lebens einfliessen zu lassen, konnte direkt nach dem Krieg und
in dem weitgehend zerstörten kulturellen Leben keine Zukunft
haben. Die Künstler der unmittelbaren Nachkriegszeit vertreten
eine Bildwelt, in der das Ich und die Ergründung der eigenen
Wurzeln im Zentrum stehen.
1949 gestaltet Appel die Kaffeehauswand des Amsterdamer Rathauses
mit einer monumentalen Malerei im Geist von CoBrA - den Fragenden
Kindern: menschliche Figuren in kindlicher Manier gestaltet. Aufgrund
der öffentlichen Empörung lässt die Stadt das Bild
jedoch verdecken und es wird erst zehn Jahre später wieder
freigelegt.
Im November 1949 manifestieren sich die Protagonisten von CoBrA
mit ihrer ersten gemeinsamen Ausstellung im Stedelijk Museum in
Amsterdam. Die Zeitungen bringen vernichtende Kritiken. Aufgrund
der einheitlich ablehnenden Haltung der nieder-ländischen Öffentlichkeit
der modernen Kunst gegenüber beschliesst Appel seine Heimat
zu verlassen, und zieht wie viele seiner Künstlerkollegen
nach Paris. Dort findet er in dem Pariser Kunstkritiker Michel
Ragon (dem Verfasser des Werksverzeichnisses seiner frühen
Arbeiten) einen entscheidenden Fürsprecher.
"Cobra war die einzige wirklich neue Bewegung nach dem Krieg
in Europa. Eine wirkliche Bewegung wie Dada, der Surrealismus,
der
Tachismus und so weiter. Alle diese Bewegungen existierten vor
dem Krieg, und sie hatten nichts Neues zu bieten. Aber die CoBra-Gruppe
begann neu, und als erstes warf sie alles über Bord, was wir
kannten, und begann von vorn wie ein Kind - frisch und neu. Manchmal
wirkt mein Werk sehr kindlich oder naiv. Aber das war wichtig für
mich. Denn für mich ist das Material die Farbe selbst. In
der Farbmasse finde ich meine Imagination. Ich male die Imagination,
die ich im Material finde, mit dem ich male…." (K. Appel
in einem Interview, 1972)
Biographische Daten: |
1921 |
Geboren in Amsterdam als Sohn eines Friseurs. |
1936 |
Malunterricht bei seinem Onkel, einem impressionistischen
Landschaftsmaler. |
1942- 44 |
Königliche Akademie der Bildenden Künste in Amsterdam,
Studium der altägyptischen und antiken Kunst. |
1947 |
Skulpturen aus Holzlatten,Schrottmaterial und Leinensäcken. |
1948 |
Gründung einer experimentellen niederländischen
Künstlergruppe
in Amsterdam.
Reise nach Paris, wo er gemeinsam mit belgischen und dänischen Künstlern
die Avantgarde Gruppe COBRA gründet. Vorbilder sind Jean Dubuffet und die
Art Brut. |
1949 |
Die internationale Ausstellung für experimentelle Kunst
im Stedelijk
Museum in Amsterdam bekommt vernichtende Kritiken. |
1950 |
Übersiedlung nach Paris. |
1953 |
Erste Einzelausstellung im Palais des Beaux-Arts in Brüssel. |
1957 |
Übersiedelung nach New York, Kontakte mit den Abstrakten
Expressionisten, u.a. Willem de Kooning und Sam Francis. Die
Leinwand wird für Appel zum malerischen Aktionsfeld. Reisen
nach Kalifornien und Mexiko. |
1960 |
Appel bekommt als jüngster Künstler den Guggenheim
International
Award. |
1964 |
Teilnahme an der documenta 3 in Kassel. |
1976 |
Gemeinschaftsarbeiten mit Pierre Alechinsky. |
1982 |
Zusammenarbeit mit dem Dichter Allan Ginsberg, es entstehen
grossformatige
Bildgedichte. |
1987 |
Zusammenarbeit mit dem japanischen Choreographen und Tänzer
Min Tanaka. Das Ballett Can we Dance a Landscape? wird in New
York und Amsterdam aufgeführt. |
2001 |
Zu Appels 80.Geburtstag grosse Werkschauen im Stedelijk Museum
in Amsterdam, dem Cobra Museum in Amstelveen und dem Gemeentemuseum
in Den Haag. |
2002 |
Retrospektive im Kunstforum der Bank Austria in Wien. |
Appel lebt heute abwechselnd in verschiedenen
Ländern, u.a. in Amerika und bezeichnet sich selbst gerne
als Staatenloser, als Wanderer zwischen Zeit und Raum. |
|
|