Die
Galerie Krinzinger präsentiert unter dem Titel "Zwei
Ausstellungen" die aktuellen Arbeiten von Ludwig Gerstacker
und Christian Schwarzwald.
Ludwig Gerstacker bietet uns in seinen unterschiedlichen
Werkgruppen eine Fülle von undurchdringlichen und losgelösten
Bilderwelten - sei es durch seine Arbeiten in Öl auf Leinwand
oder Papier, oder durch seine Fotografien.
In dünnflüssigen Ölfarben wird Schicht für
Schicht auf die Grundierung aufgetragen. Vieles basiert auf dem
(kalkulierten) Zufall, auf dem Unkontrollierbaren während des
Schaffensprozesses. Bis zu 30 Lasuren verschiedener Farbtöne
ergeben schließlich eine Bildsubstanz, die den Betrachter
auf den ersten Blick glauben lässt, monochrome Werke vor sich
zu haben; erst im genauen Schauen öffnet sich hinter einem
Gelbton oder einem Blauton eine ganze Palette von Farben.
Eine wichtige Rolle spielt speziell bei den Papierarbeiten die
Anordung. Gleichgroße Blätter unterschiedlichster Farben
werden in Blöcken oder Linien, ohne Rahmung und Glas, an die
Wand installiert. Sie sind untereinander austauschbar, die Zusammenstellung
erfolgt mehr oder weniger nach dem Zufallsprinzip. Für die
Anordung ausschlaggebend sind oft einfach der persönliche Geschmack
oder die Vorliebe für bestimme Farben, wichtig ist aber die
strukturelle Übereinstimmung.
Die Malerei von Ludwig Gerstacker ist vollkommen offen, sie kann
Ausdruck eines unendlichen Wunsches nach Schönheit sein, erzeugt
durch den Reichtum des Materials, die Leuchtkraft der Farben, aber
auch die unendliche Leere bedeuten; am Ende jedoch kommt Farbe immer
zu sich selbst, wird zum Gegenstand.
Ein weiterer Teil der Ausstellung zeigt Fotoarbeiten des Künstlers,
die wie Anmerkungen oder Skizzen seine Malerei begleiten. Verschiedene
Bildinhalte, oft in Zyklen, werden der Reduktion der Gemälde
entgegengesetzt, und lassen so Interpretationsversuche jenseits
einer gegenständlichen Motivik zu.
Die Ausstellung von Christian Schwarzwald ist ein Bilderzyklus
mit dem Namen "Geisterbahn". Dieser besteht aus sich gegenüber
liegenden Bildtafeln, die jeweils auf einer Seitenwand eines Raumes
der Galerie zu sehen sind. Den Begriff "Geisterbahn" kennen
wir vom Prater und vor allem von den Erfahrungen der Kindheit. Man
darf jedoch hier den Begriff der Geistererscheinung nicht vordergründig
sehen, wenn auch der Künstler nostalgisch-ironisch die uns
bekannten Geister mit Nachthemd und mit Kohleaugen portraitiert,
als weißgraue Schlümpfe darstellt, sondern sich vor allem
auf den Begriff der Erscheinung konzentrieren, denn dieser Begriff
ist ein Schlüsselbegriff für die gesamte Arbeit des Künstlers,
der die Dinge in einem ständigen Wandel begriffen sieht. Auch
dort, wo ein figurativer Vorwand existiert und als solcher identifizierbar
ist, ist eine Veränderung bereits wieder angesagt. Das Charakteristikum
aller Bilder ist das zentrale Moment des Übergangs, des Schwebens,
des Sich-Auflösens oder Wiederzusammenfindens von Elementen
und Strukturen.
Die Bildwände sollen wie eine Kulisse wirken. Sie sind von
der Wand abgerückt, ihre Technik ist eine lasierende Ölmalerei
auf Holz, wobei ähnliche Strukturen wiederkehren und ein verwandtes
Konstruktionsprinzip der vegetabilen oder antropomorphen Figurationen
vorherrscht. Zwei Motivreihen durchziehen die gesamte Bildfläche,
einerseits Geister und Gespenster und andererseits Seifenblasen
und Kugeln. Die beiden Bildwände ergeben eine Art Durchgang,
die Rückwand des Raumes, die frontal zum Betrachter steht,
bleibt leer. Man muß an den Bildern "vorbeigehen"
können.
Wichtig für Christian Schwarzwald ist in seiner Arbeit sehr
oft die Distanz des Betrachters zum Bild. Er will die Betrachter
auf eine Position fixieren. Es ist zwar möglich nahe an die
Bilder zu treten, aber man kann sich keinen Überblick verschaffen.
Der Besucher muß "eintreten". Der Künstler
will den Blick auf die Malerei verwässern. Die einzelnen Tafeln
sind zum Teil sehr unterschiedlich. Gleichzeitig sollen sich aber
auch stören und Unruhe erzeugen. Der Betrachter soll die Möglichkeit
haben zwischen den verschiedenen Bildern hin und herspringen zu
können. Der ganze Bildzyklus wird von einer Farbe - nämlich
grau - bestimmt. Dies gibt dem ganzen Werk wiederum Ruhe und Kontinuität.
Die Verbindung zu einer wirklichen Geisterbahn, wo Figuren und Bilder
in einem dunklen Gang auftauchen, muß bestehen. Die figürlichen
Beziehungen sind nur durch Geistergestalten gegeben. Die Geister
zeigen sich in ihrer Figürlichkeit und bleiben trotzdem in
ihrer Präsenz vage, sie bleiben immateriell.
Schwarzwald hat diese Bilder je für sich und als ein sorgfältig
kalkuliertes Raumexperiment verwirklicht. Immer wieder hat der Künstler
sich mit historischen Raumerfahrungen, etwa den der barocken Deckenbilder
auseinandergesetzt.
Zusätzlich zur "Geisterbahn" werden auch Gouachen
und Zeichnungen gezeigt.
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