Ausstellungsliste nach Galerien

Dimension FRAGILE

Paperworks

 Galerie Ulrike Hrobsky
 28.07 - 05.10.2008

Vernissage: Sonntag, 27. Juli 2008, 11.00 Uhr
im Österreichischen Papiermacher-Museum
Zur Eröffnung spricht Mag. Carl Aigner, Direktor des NÖ Landesmuseums


Im Österreichischen Papiermacher-Museum
A-4662 Steyrermühl, Museumsplatz 1
T: +43 7613-3951
F: +43 7613-8834
E: papier.druck@aon.at

In Cooperation with:
Gallery Ulrike Hrobsky, Vienna
Beijing Cultural Development Foundation
Song Zhuang Committee, Beijing
IAPMA – International Association of hand paper makers and paper artists

 

Dimension FRAGILE

Beteiligte Künstler
Tan Dun (CN/USA) Video: Papier Concerto, 2003
„Papier Concerto für Quartett“
Chen Qingqing (CN)
Hu Youben (CN)
Li Lei (CN)
Lu Shengzhong (CN)
Qiu Deshu (CN)
Wang Lei (CN)
Susanne Junker (CN/F)
Rolf A. Kluenter (CN/D)
Anita Brendgens (NL)
Josef Bücheler (D)
Felix Dröse (D)
Tone Fink (A)
Liz Gehrer (CH)
Birgit Knöchel (A)
Tamas Körösenyi (H)
Miriam Londono (NL)
Marie-Claire Meier (F)
Robert Mittringer (A)
Formenti Raffaela (I)
Helene und Joachim Tschacher (A)
Walter Weer (A)
Susanne Zehnder (A)

Papier ist ein vertrautes Material, es verweist auf den Alltag zwischen Poesie, Konzentration, Vergeistigung, Information, Kommunikation und Konsum, Verpackung und der damit einher gehenden Abfallindustrie sowie der Verschwendung von Ressourcen. Diese unterschiedlichen Inhalte hat Papier ab Mitte des 20. Jahrhunderts auch für viele Künstler interessant gemacht, die das Material als aufregendes und faszinierendes Medium für sich entdeckten. Seine vielfältige Stofflichkeit, Materialität und formale Qualität, machte es auch zu einem eigenständigen und interessanten Sprachmittel für die zeitgenössische Kunst.

Die Ausstellung wird in Kooperation mit der Beijing Cultural Development Foundation, der IAPMA-International Association of hand paper makers and paper artists und der Galerie Ulrike Hrobsky durchgeführt.

Der kulturelle Dialog wird vor allem durch die Biographie und das Werk einzelner Künstlerpersönlichkeiten, wie z.B. Rolf Kluenter und Li Lei, die im jeweilig anderen Kulturkreis ihre künstlerische Prägung erfahren haben, zum Ausdruck gebracht. Sie bilden die Klammer eines eurasischen Kulturbogens, der durch die Ausstellung in Steyrermühl gespannt wird.

Die Verschränkung der Kontinente Europa und Asien in der Auswahl der KünstlerInnen, wird auch im Ausgangsmaterial Papier manifest. Europäische KünstlerInnen verwenden fernöstliche, handgeschöpfte Papiere aus Japan, Korea und Nepal, wie u.a. Rolf KLUENTER wie andererseits chinesische KünstlerInnen die Entwicklung einer europäischen Objektkunst antizipieren und sich von ihren traditionellen, zweidimensionalen Umgang mit dem Papier lösen wie u.a. Qiu DESHU, aus Shanghai, der seit den frühen 80er Jahren einen unabhängigen Weg zwischen Tradition und Avantgarde verfolgt.

Weitaus näher der europäischen zeitgenössischen Kunst sind die skulpturalen Arbeiten von Qing QING (Beijing), die heute zu den wichtigsten international bekannten, chinesischen Künstlerinnen gehört.

Die Auswahl der Arbeiten der europäischen KünstlerInnen zeigt ebenso eine heterogene Verwendung des Papiers, zwischen Scherenschnitt, Objekt und Rauminstallation. Als Idiome einer politisch-aktiven Gesellschaft gelten die Papierschnitte des deutschen Künstlers Felix Droese, in denen er Anfang der 70er Jahre ikonographisch die Kunst der russischen Avantgarde zitierte. Scherenschnitte per se gehörten zum Experimentierfeld vieler Künstler der Moderne, erhielten jedoch bis auf die „gouaches découpées“ von Henri Matisse kaum eine zentrale Bedeutung, während der installative, raumgreifende Umgang mit dem Papier heute in der Kunst der Gegenwart in Europa wieder reüssiert.

Die Wiederentdeckung des Werkstoffs Papier erfolgte parallel zu einer Erweiterung des Skulpturenbegriffs, in dem zunehmend die Materialien und Techniken der angewandten Kunst wieder einbezogen werden. Die Künstler agieren dabei in der Wiederentdeckung alter Traditionen wie der Herstellung handgeschöpfter Papier, Knüpfen, Flechten u.v.m. oft als Grenzgänger zwischen den Bereichen einer freien und angewandten Kunst wie u.a. Marie Claire Meier (F) oder die niederländische Künstlerin Anita Brendgens. (NL) Beide arbeiten mit handgeschöpftem Papier. in Österreich erfolgt durch Franz West und dem aus Vorarlberg stammenden Tone Fink eine individuelle Erweiterung ins Performative. In den Arbeiten von Walter Weer, (A) Josef Bücheler, (D) Liz Gehrer (CH) Robert Mittringer (A) oder Raffaela Formenti (I) wird das Papier zum Material raumbezogener Installationen. Sie übersetzen den früher als zweidimensionalen Bildgrund verwendeten Werkstoff in große Papierskulpturen oder Wandobjekte.

Josef Bücheler hat für die Ausstellung eine 10 m hohe Arbeit für den Freiraum konzipiert, in der er, in für ihn charakteristischen Weise, Papier, Stämme und Naturmaterialien verbindet. Dieses Objekt wird auf der Museumshalbinsel installiert.

Papier in seiner alltäglichen Verwendung als Karton oder Wellpappe ist dabei ein bevorzugtes Material, die eine zusätzliche konzeptuelle Ebene in die Arbeiten einbringen. Wesentlich ist dabei ein sensibler Umgang mit dem fragilen Material Papier und Karton sowie ein Interesse an einer differenzierten Oberflächenstruktur. Auch die Zeitung als bedrucktes Papier wird von Künstlern wie Tamás Körösényi (H) und Walter Weer (A) als Werkstoff verwendet.

Einen weiteren ästhetischen und formalen Zugang zum Material Papier haben die Künstlerinnen Miriam Londono (NL) und Birgit Knoechl (A) entwickelt. Die aus Kolumbien stammende Künstlerin Miriam Londono lebt heute in den Niederlanden. Sie formt aus der eigenen Handschrift ein Netzwerk aus Papierhalbstoffen wie Baumwolle und Leinen. Ebenso in den Raum arbeitet die aus Kärnten stammende Birgit Knoechl. In ihrer Arbeit assoziiert sie das Wachstum der Linie anhand von pflanzlichen Formen. Die gezeichnete Linie wird durch den Prozess des Ausschneidens zu einem dreidimensionalen Papierobjekt, das buchstäblich in den Raum wuchert oder in der Übersetzung in das Medium Video als abstraktes Linienspiel erscheint.

dimensionFRAGILE dokumentiert durch die generationsübergreifende Auswahl der KünstlerInnen, dass der Werkstoff Papier seit der Moderne ein Material war, in dem eine neue Formensprache in der Objektkunst entwickelt wurde, bis hin zu den Werken einer unmittelbaren Gegenwart, in der die skulpturale Arbeit mit Papier immer öfter mit den technischen Möglichkeiten digitaler Medien verbunden wird.

© Silvie Aigner , Wien 2008

dimensionFRAGILE
WORKSHOPS - SONDERPROGRAMM
Die dreimonatige Ausstellung wird ein attraktives Sonderprogramm bestehend aus Event-Veranstaltungen und Workshops begleiten. Die Workshop, organisiert durch IAPMA und konzipiert von Sonja Neumayer, Papiermachermuseum Steyrermühl, geben einen Einblick in die Papierherstellung, den Druck auf Papier und stellen die chinesische wie europäische Tradition des Papiers vor.

 

Tan Dun
Komponist/Dirigent
Der vielseitige konzeptuelle Klangkünstler, Komponist und Dirigent Tan Dun hat die Musikwelt mit einem kreativem Repertoire, das klassische Musik, Multimedia, östliche und westlichen Musikrichtungen umfasst und deren Grenzen überschreitet, nachhaltig geprägt. Er erhielt die prestigeträchtigsten Preise und Auszeichnungen der Gegenwart – etwa den Grawemeyer-Preis für klassische Komposition, den Grammy Award sowie den Oscar für die Filmmusik zu „Chrouching Tiger, Hidden Dragen“. Die Zeitschrift „Musical America“ wählte ihn zum „Komponisten des Jahres“. Seine Musik wurde auf der ganzen Welt von führenden Orchestern, in großen Opernhäusern, bei internationalen Festivals, in Radio und Fernsehen gespielt. Zu seinen neuesten Kompositionen zählen die Oper The First Emperor, eine Auftragsarbeit der New Yorker Metropolitan Opera, die am 21. Dezember 2006 mit Tan Dun am Dirigentenpult uraufgeführt wurde; weiters das Klavierkonzert The Fire für den Pianisten Lang Lang und die New Yorker Philharmoniker, Secret Land für die Berliner Philharmoniker, Paper Concerto für The Los Angeles Philharmonic Orchestra, die Oper Tea: A Mirror of Soul für die Suntory Hall und die Niederländische Oper sowie The Map: Concerto for Cello, Video and Orchestra für Yo Yo Ma und das Boston Symphony Orchestra. Tan Dun wurde vor Kurzem zum musikalischen Berater für die Eröffnungsfeierlichkeiten der Olympischen Spiele in Beijing 2008 ernannt.
Tan Dun wurde in Hunan, China, geboren und lebt heute in New York. Während der Kulturrevolution schlug er sich als Reispflanzer und Ensemblemitglied der Peking-Oper durch, später studierte er am Konservatorium Peking. Dort lernte er erstmals die klassische Musik des Westens kennen und entdeckte Werke aus dem Repertoire des 20. Jahrhunderts, die zuvor in China verpönt, ja verboten waren. Tan Dun wurde rasch der führende Komponist der „neuen Welle“ zeitgenössischer Musik in China, wo sich ab den frühen 1980er Jahren ein neuer kultureller Pluralismus in den Künsten entwickelte. 1986 ging er nach New York, nachdem er ein Stipendium von der Columbia University erhalten hatte, wo er 1993 promovierte.

20.6.2008 / dimension FRAGILE Chinesischer Presseteil
In der chinesischen Gegenwartskunst setzen sich vier künstlerische Haltungen durch: - die Verbindung von traditionellen volkshandwerklichen Fertigkeiten und Traditionen mit einem gegenwärtigen expressiven Stil wird der Sinngehalt des Künstlers ausgedrückt; - die Arbeit mit der überlieferten traditionellen Tuschemalerei in Verbindung mit einer neuen und modernen Art von Papiergebrauch; - Anwendung und Integration von Alltagspapier, wie z.B. Zeitungen - Reduzierung und Konzentration auf die minimalen und physikalischen Eigenschaften von Papier als Ausdrucks und Aussageform.
Der Gegenwartskünstler Lu Shengzhong betrachtet die künstlerische Fertigkeit, des Scherenschnitts als die Elite der orientalischen Ästhetik. Nach seiner Absolvierung vom Central Art Academy in den 80er Jahren fand er, dass Scherenschnitt das einzige Medium beim Kunstschaffen ist.
Der Pekinger Künstler Wang Lei beginnt 2007 seine Papierkunst mit einem aus Papier gemachten „Drachengewand“ und wählt Zeitungen deshalb als das Basismaterial fuer seine Arbeit, weil er der Richtigkeit der Nachrichten eher skeptisch gegenueber steht. Das Drachengewand symbolisiert Macht.
Andere chinesische Künstler entwickeln ihre gegenwärtigen Arbeiten aus der traditionellen Tuschmalerei. Jedoch erfährt ihre Kunst ständig neue Materialien und Ausdrucksweisen. Zu diesen Künstlern zählt auch der exekutive Direktor vom Shanghai Kunstmuseum Li Lei. Seine Frühwerke auf Karton sind durch abstrakten Formen und Techniken der Ölmalerei geprägt. Seine Kartonwerke erinnern an rhythmisch vorgetragene Gedichte oder im Tagtraum gesprochene buddhistische Verse. Der in Shanghai lebende Qiu Deshu gehört zu den Erneuerern der Tuschemalerei. Seinen neu erfundenen Begriff „Fissuring“ prägt sein lebenslanges Bekenntnis zum Papier. Durch Zerreißen und Aufrauen der Papieroberflache, durch erneutes Zusammenkleben der Fetzen und letztendlich Farbgebung des so Neugestalten erreicht er neue Perspektiven in Komposition und Ästhetik
Die Werke von Hu Youben sehen wie ein dreidimensionales Landschaftsbild aus. Papierfalten symbolisiert die Gestalt von Berg und Flusslandschaften. Jede Falte hat ihre eigene Farbe, die eine einzigartige Emotion und einen speziellen Denkzustand präsentiert. Gleichzeitig bringen sie seine Gefühle zur Natur und seinen Glauben zum Universum zum Ausdruck.
Chen Qingqing geht ueber die asiatische Philosophie an die Kunst heran. Wahrsagerei, Phrenologie, Biologie, traditionelle Chinesische Medizin, Akupunktur, Volksgebräuche und Sexualität sind die Faktoren, die ihre Kunst prägen, Mit Seide, Hanf und Papier webt, spinnt und klebt sie „Körper“ und „Kleidung“. „Sie sind wie Uteri, die mir ein warmes und sicheres Gefühl geben.“
Besonders erwähnt und herausragend in dieser Ausstellung ist der Film des chinesischen Oscar-Preisträgers (Oscar für die Musik des Ang Lee Films „Im Reich der Tiger und Drachen“), Komponist und Dirigent Tan Dun. Seine Videoarbeit „Papier Concerto (2003)“ und Installation „Papier Concerto für Quartett“ sind Werke, deren Musikausdrucksweise und expressives Medium Papier den Erfolg von transdisziplinarischer Kunst beweisen. Tan Dun ist bemüht, wie er sagt, "Musik zu sehen und Farben zu hören" zu schaffen. Wenn Tan Dun 's Werke uralte chinesischen Philosophie und traditionelle Ästhetik in den modernen gegenwärtigen Kontext übersetzen, dann können auch die ästhetischen Einflüsse Ost-Asiens in den Werken der westlicher Künstler mit Wohnsitz in China eine Widerhall finden.
Die Positionen der beiden in Shanghai lebenden deutschen Künstlerin Susanne Junker und Künstler Rolf A. Kluenter zeugen von der Erfahrung, dass das dynamisch urbane Shanghai Leben ihr Kunstwollen verändert hat, und gleichzeitig traditionelle chinesische Philosophie in ihrer Kunst Platz nimmt.
Susanne Junker beschäftigt sich mit der Diskrepanz von Realität und Aussehen. Ihre markanten Werke analysieren die Illusion von Schönheit und Perfektion sowie die suggestive Macht der Massenmedien. In ihren inszenierten Photografien benutzt die Künstlerin ihren eigenen Körper als Ausgangsmoment. Wenn sie an sich selbst die Werkzeuge der Mode-und Werbebranche anwendet, konfrontiert sie die verschiedensten Rollen und weiblichen Stereotypen.
Rolf A. Kluenter besteht darauf, dass sein deutsches Gesicht die Maske eines asiatischen Künstlers ist. Unabhängig von Religion und Stand der technologischen Entwicklung besitzt jede Kultur Orte, die in einem speziellen Sinne tradiert werden, Orte der geistigen Macht, des persönliche und kollektiven Gedächtnis und der Weisheit. Die universelle Nutzung dieser Räume ist ein wiederkehrendes Thema in Rolf A. Kluenter 's Werk. Konkrete Orte sind nur der Ausgangspunkt seiner Überlegungen, in der Tat interessiert ihn der virtuelle und spirituelle Aspekt dieser Räume, Fragen der Positionierung und Ausrichtung, das Verhältnis von Mensch und Kosmos, und nicht zuletzt das ewige Streben des Menschen nach Weisheit und Erleuchtung.

Die zentrale Zielsetzung und Aufgabe der europäisch-chinesische Papierkunstausstellung „Dimension Fragile“ im österreichischen Papiermachermuseum, Steyrermuehl, die in Zusammenarbeit mit der Stiftung der Kultur und Entwicklung Beijing realisiert wurde, liegt in der Unterstützung von Papierkunst sowie der Förderung von Begegnungen der Künstler aus unterschiedlichen Ländern und kulturellen Hintergründen, die das Ur-Medium Papier in ihrer künstlerischen Arbeit und Vision thematisieren.