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Esther Hagenmaier
Alex Klein

Rückzugsräume

 ZS art Galerie
 15.10. - 22.12.2021

Opening: Donnerstag, 14. 10. 2021, 19.30 Uhr (Ende 21.30 Uhr)


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Architektur, Räume, Fassaden sind die Motive sowohl von Esther Hagenmaier als auch von Alex Klein. Eine Inspirationsquelle, zwei völlig unterschiedliche Herangehensweisen, Techniken, Umsetzungen mit gleichermaßen faszinierenden Resultaten.

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© Esther Hagenmaier
wing, 2020, 80 x 115 x 15 cm
Farbfotografie, Pigment Print auf Aludibond
beschnitten, gefalzt, geklappt; Ed: 2

Die Ausstellung wurde von der Kunsthistorikerin/Kunstvermittlerin Clara Kaufmann eröffnet. Hier ein Auszug ihrer Eröffnungsrede:

Esther Hagenmaier findet in bereits vorhandenen architektonischen Räumen das Ausgangsmaterial für ihre Arbeiten. Die intensive Auseinandersetzung und eingehende Betrachtung der Bauwerke führen Hagenmaier letztlich zu ihren exakt komponierten Fotos. Die Komposition besteht dabei nicht in der Veränderung des vorgefundenen Objekts, sondern in der präzisen Wahl der Sichtachse, der Perspektive und vor allen Dingen des Bildausschnitts. Man könnte sagen, Hagenmaier schafft sich optische Rückzugsräume innerhalb bestehender Architekturen. Sie komponiert aus etwas bereits Vorhandenem ein neues Werk – lediglich durch ihre Sichtweise. Durch ihren subjektiven Blickwinkel beraubt Esther Hagenmaier die Abbildung der realen Architektur ihrer Logik und schafft alternative Räume. Auf diese Weise abstrahiert und subjektiviert sie die sichtbare Wirklichkeit und führt die angebliche Objektivität der Fotografie ad absurdum.

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Der dreidimensionale Raum wird in zweidimensionaler Technik übertragen und so beschnitten, dass er wie eine ungegenständliche Illusion des Dreidimensionalen wirkt – beinahe könnte man sich bei manchen Bildern an einen reduzierten MC Escher erinnert fühlen. Es entsteht eine neue Raumwirkung, ein neues Objekt, das nicht mehr viel mit dem originalen Raum zu tun hat, obwohl es sich vollkommen und ausschließlich daraus generiert.

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In ihren Bildern wachsen Architektur und umgebender Himmel zusammen, Raum und Fläche verwachsen miteinander und was eigentlich materielle Einheit ist, wird durch immateriellen Schatten getrennt. Das Gehirn kann nicht auf den ersten Blick deuten, was die Augen sehen – der Sehsinn wird auf die Probe gestellt, gewohnte Perspektiven verlassen. Es bedarf eines zweiten oder dritten Blicks, um die fotografische Konstruktion zu sortieren und entschlüsseln. Fast immer stimmt der erste Eindruck nicht. Oben ist eigentlich unten, hinten ist vorne, fester Boden ist immaterieller Schatten.

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© Alex Klein
Schichtung, 2014/2021, 63 x 59,5
Dispersion geschliffen auf MDF

Bei Alex Klein geht es um scheinbar einfache, grundlegende Manifestationen des Sichtbaren: um Fläche und Raum, Licht und Schatten. Klein möchte zur optischen Essenz solch grundlegender Beobachtungen vordringen. Es geht ihm dabei nicht darum, ein Abbild zu schaffen oder einen perspektivisch korrekten Raum zu konstruieren, sondern darum, Themen abzuhandeln, z. B. das Zusammentreffen von Flächen und Farben: wo findet es statt und was passiert dabei? Was ist ein Übergang, eine Kante, eine Linie? Was gibt einer Fläche Halt? Wann wird die Fläche zum Raum? Was ist Innen und was ist Außen? Und welchen Einfluss hat das Licht auf das alles?

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Bei ihm findet die Reduktion interessanterweise nicht durch das Weglassen – etwa von Farbschichten – statt, ganz im Gegenteil. Das Übereinanderschichten kommt paradoxerweise einem Freilegen gleich – als würde mit jeder neuen Farbschicht nicht etwas zugedeckt, sondern ein Schleier gelüftet werden. Mit jeder Schicht nähert er sich mehr an die Essenz des Bildes an, kommt immer mehr das Konzentrat dessen, was ihn fasziniert, zum Vorschein. Klein exerziert seine Bilder durch, bis er am Ende, bei der letzten Farbschicht angelangt, Klarheit hat. Das Bild ist fertig, so und nicht anders.

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Die Werke von Esther Hagenmaier und Alex Klein brauchen Zeit. Nicht nur in ihrer Herstellung, sondern auch in ihrer Betrachtung. Sie laden zum Schauen ein, zum wirklich hinschauen. Einen Gang runterschalten, durchatmen, ankommen, schauen. Durch ihre Kunst animieren Alex Klein und Esther Hagenmaier, das eigene Schauen zu kultivieren. Sie führen uns das Wunderbare des Alltäglichen und die Einzigartigkeit der eigenen Perspektive vor Augen. Und vielleicht eröffnen sie uns sogar einen Zugang zum eigenen Schauen als stets verfügbaren Rückzugsraum.

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