
Axel Jonsson, Plan de Dieu, 2023, Öl auf Leinwand, 180x146 cm
Mehr als Frage denn als Aussage kann der bedeutungsschwangere Titel Plan de Dieu, zu Deutsch Plan Gottes, von Axel Jonssons dritter Galerieausstellung gelesen werden. Grundlegende Gedanken zum humanistischen Da- und Zusammensein hält Jonsson in sechs malerischen Werken (Öl auf Leinwand und Aquarell auf Papier) fest. Deren Narrative entspringen gleichermaßen realen Weltgeschehnissen wie auch persönlichen Erlebnissen des Künstlers. Die titelgebende Malerei, ein Tante-Emma-Laden mit direkter Bedienung, zeigt exquisite Produkte und Delikatessen. Der französischer Rotwein Plan de Dieu, im Westatlantik heimische Blaukrabben und Heringe oder diverse Wurst- und Käsewaren werden neben einfachen unverpackten Lebensmitteln zum Verkauf angeboten. Sie sind Sinnbild einer mancherorts verschwindenden Einkaufserfahrung und einer sich im Wandel befindlichen Konsumwelt.
Diese wird ebenso im Kontext des häufigen Themas in Jonssons OEuvre, der maritimen Szene, aufgegriffen. Morning on Kvarken widmet Jonsson der Geschichte einer zeitgenössischen schwedischen Robbenjägerin, tätig in der Ostsee-Region Kvarken. Einst als Hauptnahrungsmittel zu viel gejagt und vom Aussterben bedroht, folgte eine Überbevölkerung jener Säugetiere. Heute wird diese durch Invasionsbekämpfung reguliert, was zu moralischen Diskussionen zum Thema Jagd in der Gesellschaft anregt.
Die Absurdität in der Entwicklung einer Industrie stellt Jonsson in der Malerei betitelt Clipperton dar, auf der ein einfacher Fischer die Arbeiter auf dem Schlepper gegenüber grüßt. Nicht mehr für die menschliche Konsumation, sondern zur Produktion von Futtermitteln für die Anzucht von Lachsen fischen Trawler heute mit ihren Netzen die Ostsee leer.
Ein meditativer Moment ruht im Innehalten des Spiels der drei Frauen im Bild The Broken Baler. Der Aufenthaltsraum des Pferdestalls, den Jonssons Mutter und der Künstler selbst als Kind besuchten, wird in seinem tatsächlichen Setting, einschließlich Whiteboard und Notizen, wiedergegeben. Den Ort zeichnet die Nachbarschaft zum Rindermastbetrieb samt Weide aus, auf die über den handschriftlichen Kommentar zur anstehenden Reparatur der Ballenpresse verwiesen wird. Es vermischen sich persönliche Erinnerungen mit ausgewählten hinzugefügten Details, welche für sich stehend jeweils eigene Geschichten erzählen und in Verknüpfung das Narrativ der Malerei bestimmen.
Jonssons figurativer Malstil ist geprägt von der feinen Darstellung unterschiedlicher Oberflächen und einer detaillierten formalistischen Wiedergabe alltäglicher Gegenstände. Nicht immer der Geist einer menschlichen Seele, sondern die Relevanz der Bedeutung von Objekten, gleichauf mit jener der menschlichen Protagonist*innen, formen die Grundstimmung von Jonssons Bildern. Die Fähigkeit von Gegenständen gleichsam als zeitgeschichtliches Dokument wie als Allegorie zu dienen und durch eine einfache Platzierung eine gesamte Erzählung zu prägen, würdigt Jonsson auf größeren Leinwänden wie auch im Medium des Stilllebens.
In den Papierarbeiten Wisdom und Still Life With Texas Souvenirs gelingt dies durch das Aufmachen einer philosophischen wie popkulturellen Ebene. Ein Wasserbecken mit Aufschrift und Kabeljau Illustration, neben dem ein schmuckloser Kelch platziert ist, lässt eine Parabel wie ein Bilderrätsel assoziieren. Das Messer, die metallisch gearbeiteten Gürtelteile und das mexikanische Bonbon sind Mitbringsel einer privaten Reise des Künstlers nach Texas. Romantisch in der persönlichen Erinnerung sind sie gleichzeitig als Metapher brandaktueller Themen wie Gewalt, Tradition und Glaube spürbar.
Axel Jonsson (geboren 1991 in Schweden) studierte an der Gerlesborgsskolan in Stockholm (2012– 2014) und an der Akademie der bildenden Künste in Wien (2014–2020), wo er in der Klasse von Daniel Richter sein Diplom absolvierte. Jonsson lebt und arbeitet in Wien, er wird seit 2021 von der Galerie
Elisabeth & Klaus Thoman vertreten. |