BOHATSCH - FRITSCHER - GASTEIGER - HINTEREGGER
STANZEL - STINGEL - TRAWÖGER - WALDE - ZIMMER
Pittura austriae ist eine Ausstellungsserie über Malerei,
über malerische Positionen von in Österreich lebenden
Künstlern.
Der Arbeitstitel der Ausstellung Malerei situative, selektive...,
der zu Beginn der Idee oder Konzeption stand, zeigt die spezifische
und sprachliche Divergenz, die im Laufe der aktuellen Tendenz zeitgenössischer
Malerei zu beobachten ist.
In weiterer Folge hat sich diese Idee einer umfassenden Thematik
bedient, die in logischer Folge den Titel "pittura austriae"
trägt und die an malerischen Tendenzen in Österreich innehält:
malerische Intentionen, Positionen und künstlerischen Strategien
zur Diskussion zu stellen bzw. mit dem zum Teil verlassenen klassischen
Bild als Referenzpunkt, in ihrer durchaus selbstreferenziellen Phänomenologie,
am Beispiel österreichischer malerischer Produktionen im internationalen
Kontext zu hinterfragen.
Entwicklungen und neue Ansätze in der Praxis der Malerei, die
für die allgemeine Kunstentwicklung und der jüngsten malerischen
Virulenz in Österreich charakteristisch sind, sollen hier eine
reflektierte Selbstverständlichkeit evozieren.
In drei nacheinander gezeigten Ausstellungen werden unterschiedliche
Disziplinen in ihren Tendenzen präsentiert werden, die formal
zusammenhängend - von abstrakt-monochrom, über abstrakt-real,
bis zum Figürlichen - jeweils einen malerischen Ansatz verdeutlichen.
Die Positionen und Ansätze des Malerischen in Österreich
sind in sich vielfältig und different. Die Identität der
österreichischen Malerei wird oftmals einseitig mit dem expressiven
Hang zur Leiblichkeit eines Schiele, Gerstl, bis zu Rainer, Lassnig
und Anzinger identifiziert.
Sobald irgendein pigmentiertes Medium an irgendeine flache, horizontal
gebundene Oberfläche angebracht wird, kommen die Konventionen
und Bedingungen der Technologie des 15. Jahrhunderts ins Spiel,
die wir Malerei nennen. Diese Malerei als solches, als Übereinkunft,
die es seit Jahrhunderten gibt, eignet sich jedoch nach wie vor
sehr gut für eine kunstimmanente Auseinandersetzung.
Die Hinterfragung des Status der Malerei:
Worin liegen überhaupt noch ihre Möglichkeiten?
Betrachtet man die Malerei als rein optisches Feld, als Schauplatz
des Visuellen, oder als diskursives Feld?
Diese Fragestellungen führen verstärkt zu konzeptuellen
Ansätzen und zur Entwicklung von malerischen Strategien und
Denkprozessen.
Die Visualisierung von Bildfindung, Inhalten und Malprozessen steht
mehr oder weniger im Mittelpunkt der drei Ausstellungen.
In der ersten und jetzigen Ausstellung thematisiert sich die Malerei
selbst, entwickelt selbstreferentielle Systeme, eine autonome Bildsemantik.
Erwin Bohatsch entwickelt mit seiner monochromen, koloristisch bestimmten
Malerei sublime Bildstrukturen, die in der Verdichtung der Farbe
eine Bildtiefe, einen malerischen Stimmungsraum schaffen.
Die Bildoberfläche als Medium der Kontextuntersuchung und die
intensive Beschäftigung mit der Farbe, mit der Farbe als Material,
als plastisches zum Teil die Grenzen des Keilrahmens überschreitendes
Medium, kennzeichnet die Arbeiten von Jakob Gasteiger. Gasteiger
bearbeitet nach strengen und konsequenten Formvorgaben das Material
Farbe mit rechenartigen Werkzeugen, er kämmt die Farbe und
erzeugt so eine Struktur, die eine gewisse Hermetik zwischen Werk
und Betrachter schafft.
Klaus Dieter Zimmer geht es um die Negierung der Farbe als Farbmaterialität,
um Verlagerung, Verschiebung und Wegnahme von Farbe. Über eine
monochrome Fläche wird ein transluzider Duktus gelegt, der
nicht mehr erkennbar ist. Sichtbar wir diese Malerei in seinen Konturen
vielleicht in den Drawed paintings - in der gezeichneten
Malerei.
Die Problematik der Funktionsbestimmung der Oberfläche als
künstlerisches Medium wird auch von Rudi Stanzel thematisiert.
Stanzel macht das banale Objekt zum Bild und erreicht malerische
Oberflächeneffekte durch die Inszenierung von Material, die
malerische Verwendung von Materialien wie Plastik, Folien, Laserdruckpapier
u.a.
Bei den Werken von Herbert Hinteregger, Rudolf Stingel und Martin
Walde kommt es zu einem noch radikaleren Bruch in der traditionellen
Hierarchie der malerischen Mittel, das Material wird zum Selbstdarsteller
des malerischen Diskurses.
Herbert Hinteregger verwendet für seine monochromen Bilder
Kugelschreiber bzw. deren Tinte, also ein Mittel des täglichen
Gebrauches. Die aus der Produktion übergebliebenen Hülsen
der Kugelschreiber werden zu "all over"-Installationen
verwertet.
Martin Waldes Interesse ist die Transformation, die Zustandsveränderung
durch Zusammensetzung, Ausdehnung und Zerfall von Materie. Die Materialität
- in dieser Ausstellung eine Mischung aus Gel, Wasser und Farbstoff
- breitet sich in farbiger Leuchtkraft in den Raum aus.
Rudolf Stingel und Susanna Fritscher wenden ihre Malpraxis ebenso
nicht nur auf die traditionelle Leinwand an, sondern thematisieren
das Bild bzw. die Malerei als Objekt, und gehen damit in den Raum.
Rudolf Stingels Bilder in Silberlack auf weißem Ölgrund
erzeugen durch herstellungsbedingte Oberflächenstrukturen visuelle
Ereignisse, bzw. werden seine Aluminiumgüsse und Teppichinstallationen
zu reiner Präsenz von Farbe und Malerei.
Den Schritt, die Malerei vom Bildträger, vom Objekt zu lösen,
und die Farbe zu entmaterialisieren, vollzieht Susanna Fritscher
in konsequenter Weise mit ihren Glasarbeiten, mit ihrer Malerei
auf Glas.
Ernst Trawöger präsentiert eine Raumarbeit,
bestehend aus einer Toninstallation - der tonalen Umsetzung von
Malerei - und neuen Streifenbildern auf Leinwand, welche Trawögers
komplexen malerischen Ansatz, sowie sein Interesse am Wahrnehmungsprozeß
selbst, belegen.
Die Zusammenschau der in dieser und den zwei folgenden
Ausstellungen vereinigten malerischen Positionen aus Österreich
soll aufzeigen, daß Malerei keine Rückkehr zu einem Kunstbegriff
der Vergangenheit vornimmt, sondern in Kontinuität der Entwicklung
von künstlerischen Methoden und Möglichkeiten, Neuansätze
und innovative Formen schafft.
Karin Zimmer, Wien
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