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pittura austriae

Positionen aus Österreich
I/III

  GALERIE THOMAN
 13. Mai - 6. Juni 2000

 

Eröffnung am Samstag, 13. Mai 2000, 11 Uhr


BOHATSCH - FRITSCHER - GASTEIGER - HINTEREGGER
STANZEL - STINGEL - TRAWÖGER - WALDE - ZIMMER

Pittura austriae ist eine Ausstellungsserie über Malerei, über malerische Positionen von in Österreich lebenden Künstlern.
Der Arbeitstitel der Ausstellung ”Malerei situative, selektive...”, der zu Beginn der Idee oder Konzeption stand, zeigt die spezifische und sprachliche Divergenz, die im Laufe der aktuellen Tendenz zeitgenössischer Malerei zu beobachten ist.

In weiterer Folge hat sich diese Idee einer umfassenden Thematik bedient, die in logischer Folge den Titel "pittura austriae" trägt und die an malerischen Tendenzen in Österreich innehält: malerische Intentionen, Positionen und künstlerischen Strategien zur Diskussion zu stellen bzw. mit dem zum Teil verlassenen klassischen Bild als Referenzpunkt, in ihrer durchaus selbstreferenziellen Phänomenologie, am Beispiel österreichischer malerischer Produktionen im internationalen Kontext zu hinterfragen.
Entwicklungen und neue Ansätze in der Praxis der Malerei, die für die allgemeine Kunstentwicklung und der jüngsten malerischen Virulenz in Österreich charakteristisch sind, sollen hier eine reflektierte Selbstverständlichkeit evozieren.

In drei nacheinander gezeigten Ausstellungen werden unterschiedliche Disziplinen in ihren Tendenzen präsentiert werden, die formal zusammenhängend - von abstrakt-monochrom, über abstrakt-real, bis zum Figürlichen - jeweils einen malerischen Ansatz verdeutlichen.

Die Positionen und Ansätze des Malerischen in Österreich sind in sich vielfältig und different. Die Identität der österreichischen Malerei wird oftmals einseitig mit dem expressiven Hang zur Leiblichkeit eines Schiele, Gerstl, bis zu Rainer, Lassnig und Anzinger identifiziert.
Sobald irgendein pigmentiertes Medium an irgendeine flache, horizontal gebundene Oberfläche angebracht wird, kommen die Konventionen und Bedingungen der Technologie des 15. Jahrhunderts ins Spiel, die wir Malerei nennen. Diese Malerei als solches, als Übereinkunft, die es seit Jahrhunderten gibt, eignet sich jedoch nach wie vor sehr gut für eine kunstimmanente Auseinandersetzung.

Die Hinterfragung des Status der Malerei:
Worin liegen überhaupt noch ihre Möglichkeiten?
Betrachtet man die Malerei als rein optisches Feld, als Schauplatz des Visuellen, oder als diskursives Feld?
Diese Fragestellungen führen verstärkt zu konzeptuellen Ansätzen und zur Entwicklung von malerischen Strategien und Denkprozessen.
Die Visualisierung von Bildfindung, Inhalten und Malprozessen steht mehr oder weniger im Mittelpunkt der drei Ausstellungen.

In der ersten und jetzigen Ausstellung thematisiert sich die Malerei selbst, entwickelt selbstreferentielle Systeme, eine autonome Bildsemantik.
Erwin Bohatsch entwickelt mit seiner monochromen, koloristisch bestimmten Malerei sublime Bildstrukturen, die in der Verdichtung der Farbe eine Bildtiefe, einen malerischen Stimmungsraum schaffen.
Die Bildoberfläche als Medium der Kontextuntersuchung und die intensive Beschäftigung mit der Farbe, mit der Farbe als Material, als plastisches zum Teil die Grenzen des Keilrahmens überschreitendes Medium, kennzeichnet die Arbeiten von Jakob Gasteiger. Gasteiger bearbeitet nach strengen und konsequenten Formvorgaben das Material Farbe mit rechenartigen Werkzeugen, er kämmt die Farbe und erzeugt so eine Struktur, die eine gewisse Hermetik zwischen Werk und Betrachter schafft.

Klaus Dieter Zimmer geht es um die Negierung der Farbe als Farbmaterialität, um Verlagerung, Verschiebung und Wegnahme von Farbe. Über eine monochrome Fläche wird ein transluzider Duktus gelegt, der nicht mehr erkennbar ist. Sichtbar wir diese Malerei in seinen Konturen vielleicht in den ”Drawed paintings” - in der gezeichneten Malerei.
Die Problematik der Funktionsbestimmung der Oberfläche als künstlerisches Medium wird auch von Rudi Stanzel thematisiert. Stanzel macht das banale Objekt zum Bild und erreicht malerische Oberflächeneffekte durch die Inszenierung von Material, die malerische Verwendung von Materialien wie Plastik, Folien, Laserdruckpapier u.a.
Bei den Werken von Herbert Hinteregger, Rudolf Stingel und Martin Walde kommt es zu einem noch radikaleren Bruch in der traditionellen Hierarchie der malerischen Mittel, das Material wird zum Selbstdarsteller des malerischen Diskurses.
Herbert Hinteregger verwendet für seine monochromen Bilder Kugelschreiber bzw. deren Tinte, also ein Mittel des täglichen Gebrauches. Die aus der Produktion übergebliebenen Hülsen der Kugelschreiber werden zu "all over"-Installationen verwertet.

Martin Waldes Interesse ist die Transformation, die Zustandsveränderung durch Zusammensetzung, Ausdehnung und Zerfall von Materie. Die Materialität - in dieser Ausstellung eine Mischung aus Gel, Wasser und Farbstoff - breitet sich in farbiger Leuchtkraft in den Raum aus.
Rudolf Stingel und Susanna Fritscher wenden ihre Malpraxis ebenso nicht nur auf die traditionelle Leinwand an, sondern thematisieren das Bild bzw. die Malerei als Objekt, und gehen damit in den Raum.

Rudolf Stingels Bilder in Silberlack auf weißem Ölgrund erzeugen durch herstellungsbedingte Oberflächenstrukturen visuelle Ereignisse, bzw. werden seine Aluminiumgüsse und Teppichinstallationen zu reiner Präsenz von Farbe und Malerei.
Den Schritt, die Malerei vom Bildträger, vom Objekt zu lösen, und die Farbe zu entmaterialisieren, vollzieht Susanna Fritscher in konsequenter Weise mit ihren Glasarbeiten, mit ihrer Malerei auf Glas.

Ernst Trawöger präsentiert eine Raumarbeit, bestehend aus einer Toninstallation - der tonalen Umsetzung von Malerei - und neuen Streifenbildern auf Leinwand, welche Trawögers komplexen malerischen Ansatz, sowie sein Interesse am Wahrnehmungsprozeß selbst, belegen.

Die Zusammenschau der in dieser und den zwei folgenden Ausstellungen vereinigten malerischen Positionen aus Österreich soll aufzeigen, daß Malerei keine Rückkehr zu einem Kunstbegriff der Vergangenheit vornimmt, sondern in Kontinuität der Entwicklung von künstlerischen Methoden und Möglichkeiten, Neuansätze und innovative Formen schafft.

Karin Zimmer, Wien