„Gelbfeldweltwegorte“, 2006/07, Öl/Leinwand, 180 x 200 cm
Gunter Damisch:
Die Entstehung meiner Arbeiten verdankt sich einem Ablauf von Handlungen und Überlegungen,
Wiederholungen, verworfenen Anfängen in Fortsetzung, dahinfließenden Bewegungen aus Ähnlichkeiten
und Weitergesponnenem.
Im zeichensetzenden und Wahrnehmungen transformierenden Zeichnen in Gruppen und Serien von
Blättern, dem Spachteln und Fließenlassen von Farben auf den Bildträgern , dem Zurichten von
Material Materien und im Befragen nach innewohnenden Eigenschaften und Formen des Benutzen
der eingesetzten Mittel in Spannung zu Gesehen- Erlebtem und Gedacht - Empfundenem wächst
das bildräumliche Land mit seinen Dingen und Wesen, dem ich zupackender Helfer und verwundert
- unterhaltener Beobachter- Täter bin, wenn ich tu und mache.
Das Krixikraxi, wie Max Melcher sagte, das selbstverlorene Herbeistricheln der Formen und Strukturen,
die einkreisenden Geflechte und die Klänge der feinen Linien in denen Formen sichtbar werden,
die Flecken, Wischer und Punkte, klein und zittrig, weitausholend und wie hingeworfen und verloren,
haben mir einen gestalterischen Weg gewiesen, der mich über die Jahre entdeckte Methoden, Zugänge
zu Erfahrungen und Zuständen sammeln und in einen Beziehungskreislauf bringen ließ, der
durch das Zeichnen begonnen, über die Ausbreitung in die Farbräume und den Präsenzen der Formen
in ihrer Materialität zuletzt immer wieder in das zeichnende Feststellen und Weiterverwandeln
führt, Ausgangspunkt und Kommentar zugleich.
Die Typen und Modelle für Veränderung im Ähnlichen und die Bezüglichkeiten der Teile zueinander
erklären sich mir in den Phasen des Zeichnens und bereiten die Vorstellungen vor, die dann im
zugreifenden Arbeiten mit oft in Wachs geformten und auch gefundenen Teilen und Formen zusammengesetzt
zu den Güssen und Skulpturen werden und gerinnen, die als Zeichen und Zeichnung in
den Raum verlagert und verpflanzt das Geahnte und Herbeigedachte als Tatsächliches, Berührbares
und materialisierten Klang hin- und darstellen.
Gunter Damisch
„All for your Delight III“, 2011,
Pigment - Print auf Aluminium,
Kassettenrahmen, Acrylglas, 148 x 120 cm
Robert F. Hammerstiel:
„Auf den ersten und flüchtigen Blick realisiert sich in Robert F. Hammerstiels sonnigem Weltentwurf das Glück der Menschen. In den schmucken Häusern des Lotto-Paradieses, auf dem pflegeleichten Kunstrasen nachbarschaftsfreundlicher Vorgärten mit und ohne Aufblaspool, in den bezaubernden Wohnund den traumhaften Schlafzimmern, in den ihnen vorgelagerten keimfreien Musterküchen und in den sauberen und in angemessenem Minimundus-Maßstab möblierten Kinderstuben regieren Friede und Idylle, nicht zuletzt gestützt auf jene Angebote aus Warenhäusern, Versandhauskatalogen und Shoppingmärkten, welche für die Erfüllung von dreams, that money can buy Sorge tragen.
Robert F. Hammerstiel führt uns in eine Welt, auf der der Schatten dessen liegt, was ein an Bedürfnisproduktion und Bedürfnisbefriedigung orientierter Konsumapparat unweigerlich mit sich führt: die Außerkraftsetzung
der Sehnsucht, die Versagung des unerfüllten Begehrens und das Ende des Strebens
nach Utopien.“
Auszug aus dem Text von August Ruhs: „Protect me from what I want“, Wien 2008
„Seit Jahren setzt sich Robert F. Hammerstiel in seinen konzeptuell entwickelten fotografischen Serien,
Videoarbeiten und Rauminstallationen mit der immerwährenden Sehnsucht des Menschen nach Glück,
Geborgenheit und Idylle und den damit verbundenen Wunschprojektionen auseinander. Ihn interessieren
die Darstellungsmechanismen der Werbe- und Konsumgesellschaft, in der diese Sehnsüchte vorgedacht,
immer wieder neu erzeugt und stereotypisiert werden und zur Schaffung künstlicher Surrogate
führen wie das eigene Heim, das Haustier, die Topfpflanze...
Seine Arbeiten, die zwischen Fiktion und Realität changieren, versteht er nicht als Kritik an der Sehnsucht
nach Glück, sondern als ein Hinterfragen der von der Konsumindustrie vorproduzierten Wunschvorstellungen
und Identitäten.“
Petra Noll, Wien 2010
„Rock“ kinetische Skulptur, 2008,
Spinaker Seide, Edelstahl, Aluminium,
Motoren, Steuerung,
250 x 250 x 250 cm
Thomas Baumann:
Am Ende haben Thomas Baumanns Apparaturen, so subjektfern
und objektiviert sie zunächst wirken mögen, mehr als vermutet
mit jenen „sanften Maschinen“ zu tun, von denen William Burroughs
einmal sagte: „Soft Machine, die Weiche Maschine, ist der
menschliche Körper unter konstanter Belagerung durch eine riesige
hungrige Masse von Parasiten, die viele Namen haben, aber
nur einen Zug zeigen, hungrig zu sein, nur ein Ziel verfolgen, zu
fressen.“1 Selbstverständlich inszeniert Baumann kein derartiges
Bedrohungsbild, wonach einem schützenswerten Subjekt eine
feindliche und kalte Umgebung gegenübersteht. Vielmehr nimmt
er die maschinelle Dimension des Objektiven und Objekthaften
selbst zum Ausgangspunkt, um daraus ein Quantum an Rest-
Subjektivität zu destillieren. Gerade in den Überschüssen und
Brüchen, die anhand regelgesteuerter Abläufe ersichtlich werden,
zeichnet sich ein schwer einordenbarer subjektiver Mehrwert ab.
Ein Surplus, das sich den gefräßigen Parasiten der Gegenwart behände widersetzt.
Christian Höller, Springerin / Wien 2008
1 William S. Burroughs, Soft Machine (1961). Übersetzt von Peter Behrens. Frankfurt am
Main/Berlin/Wien 1974, S. 159
„Ohrensessel“,
2011, ca. 90 x 130 cm
Christina Starzer:
Zur Technik der Prêtage:
Der präzise Einsatz von Material, die Schaffung heterogenster
Oberflächen sowie die Verknüpfung bzw. Erweiterung verschiedener
Medien sind Charakteristika meiner künstlerischen Arbeit. Ich
thematisiere den Begriff der <<Nostalgie>>, verschiebe Erinnerungen
und definiere sie neu.
Das „kontextuelle Experiment“ im Umgang mit Material wie beispielsweise
Papier- sein spezifisches Gewicht sowie Haptik, Stärke,
Textur, Oberfläche oder Dehnbarkeit sind Eigenschaften gegen
die ich arbeite, die in meiner Herangehensweise Grund legende
Faktoren bilden.
Mit dem Bleistift zeichne ich nicht im herkömmlichen Sinn, vielmehr
ist er für mich ein Werkzeug, um Papier zu gravieren und zu
dehnen. Durch manuell erzeugten Druck wird Stück für Stück Schrift und Farbe der „collageartig“ zusammen gesetzten Unterlagen abgerieben. Ich bezeichne diese Technik Prêtage
– als eine Weiterentwicklung der Frottage. Prêtage impliziert die Verwendung von Vorhandenem,
schnell Greifbarem wie beispielsweise die Werbezeitschrift oder ein altes Buch, Bleistift
und Papier. Andererseits meint die Bezeichnung auch die Dehnung eines Materials.
Rückseite wird Vorderseite, die Zeichnung ist Spiegel verkehrt- genau wie jene Textfragmente
oder Buchstabenbruchstücke, die von der Unterlage abgedruckt und in das Papier eingeprägt
werden.
„Werkzyklus Archeologia/88 Maps“
2006, 144 C-Prints, je 20 x 30 cm
Eva Brunner - Szabo:
Zwei Menschen begegnen sich in einer Fotosequenz und da ist
keine gemeinsame Sprache. Diese Begegnung von Eva Brunner-
Szabo mit Max Pica hat einen Grund und ist doch auch nur Zufall.
Es beginnt mit einer Geschichte aus einem anderen, früheren Leben.
Die Mitte der Lebensspanne hat einen Film bereitgestellt, in
dem wir uns alle wieder finden könnten.
Wolfgang Sohm zum Werkzyklus Archeologia/88 Maps, 2008
„Auflösung“ 2010, 8 Farbabzüge je 145 x 126 cm,
3,26 x 4,85 m, Ausstellungsansicht Camera Austria,
Jänner 2011, Foto: Steffen Strassnig
Tatiana Lecomte:
Auflösung (2010) setzt sich aus acht Farbabzügen
zu je 145 mal 126 Zentimetern zusammen,
die jeweils einen stark vergrößerten Ausschnitt
einer existierenden Fotografie wiedergeben,
die Lecomte in Abschnitten abfotografiert
hat. Die Vorlage wurde dabei nicht vollständig
und in exakt aufgeteilten Segmenten erfasst,
sondern gleichsam mit dem „freien Auge“,
was in Hinblick auf das Gesamtbild sowohl zu
motivischen Verdoppelungen wie auch zu Lücken führt. Die Fotografien der einzelnen Abschnitte
sind schließlich so aneinandergefügt, dass zwar der repräsentativen Logik Genüge getan ist (das
Ausgangsbild bleibt als solches lesbar), durch Verschiebungen und Überlappungen jedoch kein kohärentes
Ganzes entsteht. Vielmehr behaupten die einzelnen Bildteile gegenüber der Gesamtansicht
ihre Präsenz; „Nahtstellen“ und Sprünge weisen Lecomtes Arbeit deutlich als Komposit aus.
Betrachtet man die Abzüge aus der Nähe, so findet das „Aufbrechen“ des Bildzusammenhangs seine
Fortsetzung. Die extreme Vergrößerung lässt ein Druckraster sichtbar werden, das das Ausgangsbild
als Reproduktion einer Fotografie bestimmen lässt. Cyanfarbene, magentafarbene, gelbe und
schwarze Rasterpunkte überziehen den Bildträger in unterschiedlicher Mischung und Dichte und
bringen anstelle des Dargestellten die technischen Grundlagen der Darstellung zur Anschauung.
Manuela Ammer |
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