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Ákos Birkás

  KNOLL GALERIE
  13.11.2002 - 22.03.2003

 
Eröffnung: am Mittwoch, den 13. November 2002, um 19:00 Uhr
im Rahmen der gallerynight im 6./7. Bezirk


Die Köpfe-Serien von Ákos Birkás
"Insociabilité du personnage, insensibilité du spectateur, voilà, en somme, les deux conditions essentielles."

Henri Bergson, Le rire. Essai sur la signification du comique
Die neuen Serien der Köpfe von Ákos Birkás zeigen ironische oder skeptische, zurückhaltende oder auffordernde Gesichter. Wie in einer Momentaufnahme blicken die Gesichter aus diesen Gruppenbildern. Doch wir können in Stunden, Tagen, Wochen wiederkehren, es werden immer dieselben Gesichter sein. Die Malerei ist tatsächlich statisch und unveränderbar, obwohl sie Bewegung inkludiert. Im Unterschied zu einem fotografischen Augenblick hat aber der Augenblick im Bild so nie existiert.

Wieso irritiert eine so gewohnte Situation, die wir aus traditioneller Porträtmalerei, aus der Fotografie bis hin zur Werbung oder Propagandakunst zur Genüge kennen? Ungewohnt ist eine solche Präsentation im Rahmen der Leinwand, der Malerei, trotzdem sie uns bekannt erscheint. Unerwartet ist sie auch von einem Künstler, der sein Thema der „Köpfe“, indem er sich von der „Museumskunst“ hin zu einer kommunikativen, offenen und für alle verständlichen Bildsprache der Medienwelt orientiert, weiterentwickelt hat.

In der Malerei geht es um das Sichtbarmachen einer dauernden Abwesenheit. Zwischen Zeit und Raum füllt diese Malerei eine Abwesenheit mit dem Schein der Anwesenheit. Eigentümlich empfindet man dabei die Zeitlosigkeit dieser unmittelbaren Begegnung mit Menschen. Die Bilder implizieren ein Vorher, Während und Nachher. Zum Einen bringt das der Prozeß einer Malerei mit sich, die von einer fotografischen Nahaufnahme ausgeht. Zum Anderen konstruiert die sublime Montage auf der Bildfläche mit Farbe und Überschneidungen einen Rhythmus, der die Intervalle zwischen Nähe und Ferne bestimmt. Nach und nach verlieren die Personnagen den Bezug zum Realraum.

In einem extremem Weitwinkelformat aneinander montiert bilden die Gesichter eine Art Blicknetz und werden zu Metaphern ihrer Präsenz in einem sozialen Geflecht. Ihre suggestive Wirkung erhält dieses Ensemble durch die Dominanz der einzigen wirklichen Beziehung, die sie zusammenhält: der Blick nach Außen auf ein fiktives Gegenüber.

Indem wir im Bild zwischen den teils herankommenden, teils zurückweichenden und im Hintergrund verblassenden Gesichtern wechseln, entsteht somit ein ein individuell zusammengefügtes Ensemble. Im wesentlichen beziehen sich also die Bilder auf jedes beliebige soziale Geflecht aus wechselnden Kontakten. Diese Bilder stellen nicht bestimmte Personen dar, sondern Charaktere auf einer Bühne. In diesem Sinne handelt es sich um das Auf- und Abtreten von Personnagen auf einer Leinwand, die ein Projektionsfeld von verschiedenen Attitüden im gesellschaftlichen Netz bildet. Blickcodes und Posen sind in unseren Alltag mittels Plakatwände oder Fernsehen längst integriert. Undhier wie dort handelt es sich um eine konstruierte Bildwelt, die auf eine suggestive Wirkung zielt und eine Aura der Unmittelbarkeit und Intimität schafft. Dadurch entsteht in den Bildern unwillkürlich auch eine komische Situation, zumal die Personnagen sich bewußt ansprechend mit positiven Signalen präsentieren.

Die Malerei von Ákos Birkás erzählt auch von der Bedeutung des Wechsels von Orten und reagiert auf persönliche Begegnungen des Künstlers mit Menschen. Im Gesamtgefüge ergibt sich daraus eine subtil-ironische Analyse des sozialen Geflechts, ein subjektives Erleben von intimen oder flüchtigen Kontakten, die dem ständigen Wechsel von Nähe und Distanz unterworfen sind. Eine Kette aus Reaktionen wird auf diese Weise erfahrbar: eine Reaktion des Malers in Vorausschau der Betrachtersituation auf die Kontakte, eine Reaktion der Personnagen auf den Maler selbst und auf ihre Sichtbarwerdung im Projektionsraum. Und nicht zuletzt werden wir selbst zu einer Reaktion aufgefordert. Das Verhalten und die Verknüpfungen innerhalb der Gesellschaft bilden eine Ausgangsposition insofern, als sie in Einzelteile zerlegt im virtuellen Raum ständig neu "montiert" werden. Diese Abläufe sind wiederholbar wie in einer Zeitschleife.

Margarethe Zink und Ákos Birkás, Wien 2002

Ákos Birkás
1941 in Budapest geboren
1959-65 Studium an der Akademie der Bildenden Künste in Budapest, Fach Malerei
1966-84 Lehrtätigkeit an der Fachschule für Bildende und Angewandte Kunst, Budapest
1989 Herderpreis, Wien
Stipendium der Stadt München, Feldafing, Villa Waldberta
1990 Professur Sommerakademie Salzburg
Arbeitsstipendium des Folkwangringes, Gästehaus Museum Folkwang, Essen-Werden
1991 Professur Sommerakademie Salzburg
1992 Lehrauftrag École Nationale des Beaux-Arts
Arbeitsstipendium des Französischen Kulturministeriums, Dijon
1993 Professur Sommerakademie El Cabrito, La Gomera, Teneriffa
Arbeitsstipendium des Landes Brandenburg, Künstlerhaus Schloß Wiepersdorf
1995/96 daad-Stipenium, Berlin
2000 Stipendium Internationales Künstlerhaus Villa Concordia, Bamberg
seit 2001 lebt und arbeitet in Wien und Budapest.

KNOLL GALERIE WIEN UND BUDAPEST ist mit den neuen Bildern von Ákos Birkás auf der

kunst wien 2002, 17.10. - 20.10.2002
Gezeigt werden Ákos BIRKÁS, András BERNÁT, Alexander BRENER / Barbara SCHURZ, Ivica CAPAN, Csaba NEMES, PP Group: Katarina Sevic und Zita Majoros, AES+F