Mit einer spannenden Konfrontation stark graphisch geprägter und abstrakter Werke geht die aktuelle
Ausstellungssaison in der Galerie Gut Gasteil unter dem Jahresmotto „ we just go on and on and on“ in den
Herbst. Die vielteiligen Bilder der Kärntner Malerin und Graphikerin Monika Kircher stehen den großformatigen
ruhigen Impressionen des Künstlerduos „Die Schichtarbeiter“ gegenüber. Am 8. September lädt das Bildhauerpaar
Charlotte und Johannes Seidl - die Hausherren von Gut Gasteil – zur Eröffnung der 3. Saisonausstellung und zum
Rundgang durch die zahlreichen Kunstwerke in der Landschaft auf dem 16 Hektar großen Areal in Prigglitz im
südlichen Niederösterreich. Bis 28. Oktober sind die aktuellen Werke in der Galerie jeweils am Wochenende und
an Feiertagen zu sehen, Kunst in der Landschaft ist jederzeit frei zugänglich – geeignetes Schuhwerk ist
empfehlenswert! Zum Saisonabschluss findet auch heuer wieder Anfang Dezember ein dreitägiges „full house“
statt, wo kleine Formate der Jahreskünstler, Gobelins einer Teppichkünstlerin, Keramikgefäße von Charlotte Seidl
und einige künstlerische Überraschungen zum Gustieren auch in Hinblick auf sinnvolle Weihnachtsgeschenke
bereit stehen werden.
Monika Kirchers Traumlogik
Es gibt keine einzig wahre Sicht auf die Dinge und Ereignisse, sondern unendlich viele Möglichkeiten – und
damit viel Raum für Miss- und Unverständnis. Von dieser philosophischen Betrachtung ausgehend, lässt sich die
Malerin und Graphikerin Monika Kircher in ihren Arbeiten leiten. Sie setzt Zeichen, die keiner logischen Folge
entsprechen, entwickelt das Bildgeschehen im Prozess der Entstehung ohne feste Zielsetzung und will dennoch
Geschichten erzählen. Allerdings freilich keine letztgültigen, sondern Ausgangsmaterial, Gedankenanstöße für
eben diese unendlich vielen Möglichkeiten der Sichtweisen und Interpretationen. Bild- und Schriftzeichen, für
sich eine Aussage oder als Zitate, nutzt sie dafür ebenso, wie Symbole, Gegenständliches wird mit Abstraktion
konfrontiert.
Als Tochter eines Malers 1946 in Kärnten geboren, studierte Monika Kircher sowohl Graphik an der Akademie
der Bildenden Künste als auch Malerei an der Hochschule für Angewandte Kunst – auch hier schon das Streben
um die unterschiedlichen Sichtweisen. Hinzu kam ein Studium der Philosophie, das der Lust am Hinterfragen und
der Skepsis am Absoluten entgegenkam und sie zusätzlich anspornte.
Das Ergebnis sind verdichtete Bildgeschichten in Mischtechnik auf Papier oder Leinwand in kleineren Formaten
von 50 mal 50 oder auch 50 mal 65 Zentimetern. Farblich hat sich Monika Kircher in jüngerer Zeit eher
zurückgenommen. Das Ergebnis sind Mosaike wie Schüttelbilder, in denen die gemalten Elemente – Figuren,
Objekte oder einfach nur begrenzte Farbflächen – mit den zeichnerischen Eingriffen in einen Zusammenhang
gebracht werden. Umrisse, unentzifferbare Textbruchstücke, die ergänzen oder überlagern. Damit werden Monika
Kirchers Kompositionen Symbole für die menschliche Kommunikation.
Indem sie mit ihren zusammengesetzten Bildern scheinbar unlogisches Geschichtenmaterial anbietet, das dem
Betrachter ermöglicht, seine eigene Version dazu zu finden, kann Monika Kircher aber auch den Anstoß liefern,
die eigene Interpretation in Frage zu stellen und offen zu sein, für die Erzählung des Anderen. Oder auch: Für
Traumgeschichten.
„Die Schichtarbeiter“: Spaziergang für den Betrachter
Als Künstlerduo gemeinsam zu malen ist eine eher ungewöhnliche Sache, ist der kreative Prozess doch zumeist
stark individuell. Bernard Antl und Markus Schmidel, beide Bühnenmaler im Theater in der Josefstadt, haben die
künstlerische Zweisamkeit im abstrakten Bereich für sich entdeckt. Als „Die Schichtarbeiter“ widmen sie sich seit
dem vergangenen Jahr der Erforschung, dem Experimentieren und der Entdeckung der Möglichkeiten, die ihnen
die unterschiedlichen Grund- und Auftragsmaterialien bieten. „Der dritte Verbündete ist das Material“, stellt Antl
daher auch fest. Die Ergebnisse können immer wieder Überraschungen bringen.
Keine Botschaft, keine Geschichte wollen die beiden mit ihren meist großformatigen Bildern transportieren,
sondern schlicht den Betrachter ins Bild hineinziehen. Und das passiert ganz leicht, führt doch die vertikale
Trennlinie in jedem Werk beinahe unweigerlich dazu, das Motiv als eine Art Landschaft zu sehen– unbeabsichtigt.
Himmel und Erde, Wolkenstimmungen und Küstenszenen, vielleicht dort hinten auch eine Hügelkette... Sparsam
in der Farbe, eher in Erdtönen, in das sich jedoch durchaus ein betörendes Blau oder ein sehr freundliches Gelb
hineinsetzen kann – ebenfalls unbeabsichtigt, denn auch die Wirkung der Farben ergibt sich aus der Reaktion des
Materials: verschiedenste Papiere, Farbpigmente, Beizen, Tuschen und Knochenleim als Bindemittel.
Wenn also die Neugierde des Betrachters geweckt ist, und er sich auf das Kunstwerk einlässt, sich annähert,
eröffnen sich ihm durch die vielschichtige Arbeitsweise des Künstlerduos immer wieder neue Perspektiven,
werden darunter liegende Ebenen sichtbar und ergeben neue Bilder, Formen, Figuren – die freilich vor allem im
Kopf des Zuschauers entstehen, der nun doch seine eigene Geschichte finden darf – und schließlich darin
spazieren gehen kann. Immer weiter hinein.
Die Idee zur gemeinsamen Arbeit kam dem Wiener Bernard Antl und dem aus Waidhofen an der Ybbs
stammenden Markus Schmidel beim gemeinsamen Bühnenbild Malen für die dramatisierte Version von Max
Frischs Andorra, als man merkte: Das funktioniert! 2008 unter dem Namen 50/50 begann das symbiotische
Werken, 2011 präzisierte man die Zusammenarbeit unter „Die Schichtarbeiter“. Seither arbeiten die beiden
ausschließlich miteinander, nebeneinander, manchmal auch lustvoll gegeneinander. Weniger wie ein gut
aufeinander eingespieltes Jazz-Duo mit viel Einfühlungsvermögen, eher wie ein altes Ehepaar, sagt Schmidel
scherzhaft. Das individuelle Schaffen ist abgeschlossen.
Biobuffet und Gästezimmer
Das Kunstangebot wird jeweils ergänzt durch das kulinarische Programm im Biobuffet. In der warmen Jahreszeit
stehen auch fünf Gästezimmer in Form von Kunstzimmern zur Übernachtung bereit. Jedes Zimmer wird jedes
Jahr mit Bildern und Skulpturen eines anderen Künstlers ausgestattet.
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