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Günter Brus

 GALERIE GÖLLES
 12.09. - 26.10.2010

 

Vernissage: am Samstag, den 11. September 2010, um 18:00 Uhr
zur Eröffnung spricht Frau Mag. Anke Orgel vom Bruseum/Archiv Neue Galerie, Graz


Mit einer breit gefächerten Werkauswahl präsentiert die Galerie Gölles in Fürstenfeld einen der wesentlichsten österreichischen Künstler internationalen Formats:
Günter Brus – Zeichner, Maler, Bild-Dichter, Schriftsteller, ehemals Aktionist.
Trotz seiner unterschiedlichen medialen und technischen Herangehensweisen ergibt sich ein in sich geschlossener, folgerichtiger Werkkomplex.

Die Beschäftigung mit informeller Malerei und Action Painting Anfang der 1960er Jahre inspirierte Brus zur Entwicklung stiller inszenierter Aktionen mit starkem Symbolgehalt, die zu autoaggressiven existentiellen Körperanalysen überleiteten. Damit schuf Brus als Vertreter des Wiener Aktionismus einen wesentlichen internationalen Beitrag zur Body Art. Mit der Aktion „Zerreißprobe“ in München 1970 endete die aktionistische Phase des Künstlers, der zu diesem Zeitpunkt bereits im Berliner Exil lebte. Fotografische und filmische Aufnahmen, u.a. von Kurt Kren, Ludwig Hoffenreich und H. Khasaq, vermögen bis heute einen lebendigen Eindruck von der Unmittelbarkeit der aktionistischen Handlungen zu geben.

 Der Körper wurde in der Folge am Papier malträtiert, der Zeichenstift ersetzte das verletzende Werkzeug. Anfang der 1970er Jahre entstanden u.a. „Irrwisch“ oder „Der Balkon Europas“ als radikale Kritik an gesellschaftlichen Obrigkeiten und vermeintlichen Autoritäten. In der Folge dieser post-aktionistischen Werkphase veränderte sich der künstlerische Ausdruck sowohl formal als auch inhaltlich und es entstanden unzählige Zeichnungen, Einzelblätter und zyklische Werkgruppen, die häufig Bild-Text-Kombinationen aufwiesen und von Günter Brus „Bild-Dichtungen“ genannt wurden.
In den figurativ-abstrahierenden, manchmal am Rande zur Abstraktion stehenden, meist farbigen Darstellungen kann Märchenhaft-Poetisches, (Alb)Traumhaftes oder Visionäres liegen.  Gemeinsam ist ihnen eine markante, oft eruptive und dynamische, Linienführung.

Günter Brus, der „Einfachbegabte, der zweifach sich äußert“ - so erläutert er selbst seine künstlerische Disposition zwischen bildhaftem und textlichem Ausdruck. Brus' Verständnis des eigenen Künstlertums geht demzufolge stets von der Schaffenskomplexität aus. Die Bild-Dichtung, von Brus als eigenständige künstlerische Gattung proklamiert, veranschaulicht diese ideal: Gemeint ist eine Kombination von Text und Bild, die jedoch keine Verbindung der Komponenten voraussetzt. Der Bild-Dichter Günter Brus wählt die Sprache nicht als Beiwerk zu seiner bildlichen Ausdrucksform, ebenso wenig wie das Bild den Text illustriert. So unterschiedlich das Verhältnis textlicher und bildhafter Anteile in den zahlreichen Zyklen und Einzelblättern sein kann, so verschiedenartig sind die Zugangsweisen des Künstlers. Texte wie bildliche Darstellungen können von einer Beschäftigung mit Literaten, Philosophen, bildenden Künstlern, Musikern oder Wissenschaftlern inspiriert sein und sowohl als Zitate als auch in assoziativer Übersetzung in die Gestaltung einfließen – stets davon ausgehend, dass Bild und Text auch völlig autonom auf einem Blatt existieren können.
Obwohl die Besinnung auf ein traditionelles Medium wie die Zeichnung im Anschluss an seine Aktionskunst meist auf Unverständnis stieß, kann man nichtsdestotrotz aufgrund der Betonung des Körperhaft-Existentiellen von einer kontinuierlichen Fortsetzung eines Themas sprechen.

Seit Anfang der 1970er Jahre experimentiert Brus auch mit druckgraphischen Techniken.
Die unmittelbare Bearbeitung präparierter Zink-, Kupfer- oder Stahlplatten mit Stahlnadeln, Rolleisen, Drahtbürsten, Taschenmessern, Scheren und Sandpapier scheinen indirekt Handlungen vergangener Aktionen zu reflektieren.
Dabei kommt der herausfordernde Widerstand des Materials der dynamischen, direkten, manchmal aggressiv erscheinenden Arbeitsweise des Künstlers entgegen, ein Umstand, der einmal mehr das mit Konsequenz verfolgte Schaffenskontinuum von Günter Brus bestätigt.  

Anke Orgel