Reisen sind für die Malerin Martha Jungwirth
lebensnotwendig. Von Zeit zu Zeit packt sie ihre Sachen - und damit
sind vor allem die Farben und das sorgfältig verpackte Malpapier
gemeint - und macht sich auf den Weg. Bali ist eines der regelmäßigen
Ziele, wo sie im Haus von Freunden wohnen und sich ungestört
den Natureindrücken und dem Versuch, diese in ihre Malerei
umzusetzen, hingeben kann. Ein anderes oft besuchtes Ziel sind
die Kykladen, vor allem die griechische Insel Paros.
Eine Serie von Bildern, die dort 2002/2003 entstanden ist, zeigt
die 1940 in Wien geborene, an der Angewandten ausgebildete und
im Zusammenhang mit der Gruppe "Wirklichkeiten" zu erstem
Ruhm gelangte Künstlerin diesen Sommer bei Gölles im
steirischen Fürstenfeld. "Wo Odysseus gestrandet ist",
so könnte das Motto dieses Zyklus lauten. Denn die meisten
Arbeiten sind aus jenen Eindrücken entstanden, die Martha
Jungwirth in einer ganz bestimmten Bucht dieser Insel aufgenommen
hat. Nahe dem abgelegenen, meist menschenleeren Strand verrotten
dort alte Schiffsrümpfe. Die Relikte einer längst aufgelassenen
Werft wirken in der sonst weit gehend unberührten Umgebung
wie gestrandete Lebewesen, die ihrer unvermeidlichen Verwesung
entgegensehen.
Die Auseinandersetzung mit einer bestimmten Umgebung ist essenziell
für Martha Jungwirths Malerei. Auch wenn nicht alles im Stil
der Pleinaristen von anno dazumal direkt vor der Natur entsteht.
Das meiste, vor allem die Ölbilder, wird später im Haus
gemalt. Doch der konkrete Ausgangspunkt, der Eindruck den ein Motiv
hinterlässt, ist ihr wichtig: die Stimmung, das Licht, die
bizzare Szenerie der Schiffwracks, die Kykladenarchitektur mit
ihrer naturnahen Körperhaftigkeit.
Manchmal ist die Distanz notwendig, um die Sinneswahrnehmung
zum Bildinhalt zu sublimieren. Das lebhafte Interesse an der griechischen
Mythologie bildet den Hintergrund, der immer vorhanden ist, immer
durchschimmert.
Abbildhaftes, Erkennbares wird der Betrachter selten in Martha
Jungwirths Ölbildern und Aquarellen entdecken. In gestischer
Manier spürt sie vielmehr aufgenommenen Formen und Farben
nach und legt in einem langen Arbeitsprozess Schichten über
einander, von denen jede für sich sichtbar bleibt. Ihre Bilder
entstehen in Serien, gleich einem Tagebuch. und wenn sie ein Thema
wieder und wieder abwandelt, so tut sie es im Bewusstsein, in seismografischer
Art und Weise vor allem den eigenen Zustand wiederzugeben.
(Text von Frau Dr. Maria Rennhofer, Parnass, nach einem Gespräch
mit Martha Jungwirth über die Ausstellung „überschwemmte
Ränder“)
Biografie
geb. 1940 in Wien,
1956 - 63 Hochschule für Angewandte Kunst (Unger und Rader-Sulek)
1967 -1977 Lehrtätigkeit an der Hochschule für Angewandte
Kunst
1968 Mitbegründerinder Gruppe „ Wirklichkeiten“ mit
Herzig, Kochenscheidt,
Pongratz, Ringel und Zeppel-Spert
1977 Documenta V/ Kassel,
1982 Preis des BMUK für Aquarell
1991/92 Lehrtätigkeit an den Sommerakademien Salzburg und Berlin
bis 2004 zahlreiche Ausstellungen im In- und
Ausland, lebt und arbeitet in Wien und Burgenland, Bali und Griechenland |
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