Landschaft, so wie sie Heinz Göbel versteht, ist ein (im
wortwörtlichen Sinn) weites & breites Thema. So wie er
sie auffaßt und darstellt, bezeugt sie starkes terrestrisches
(erdbezügliches) Empfinden. Zuerst war es das Weiträumige,
das ihn faszinierte, Ausblicke in baumlose und menschenleere Wüstenei,
wie er sie zunächst 1974/75 bei einem längeren Aufenthalt
in Ägypten erlebte. Sodann waren es (ebenso weiträumig
aufgefaßte) Landschaftsformen, Gebirgssockel und Erd-Terrassen
und wie im Darüber- hinwegfliegen wahrgenommen. Neuerdings
beachtet Heinz Göbel mehr und mehr den Boden unter seinen Füßen.
Dabei meidet er, was von dem ablenkt, worauf er sich anlegt. Einerseits
sind es die je nach- dem beeindruckenden, nicht schlecht komplizierten
Erdbildungen (im Großen wie im Kleinen), andererseits das
Substantielle der Krusten-Furchen und Aufschürfungen. Einerseits
ist es gewissermaßen die Tektonik einer Gegend, wie sie in
Schichten vorkommt, sich interessant überlagert, sich aufstaut
und spröd splittert, zum anderen, wie es augenscheinlich und
geradezu handgreiflich differenziert.
Eine karge und spröde Bodenbeschaffenheit ist ihm dabei lieber
als eine überwachsene und bemooste, wie sie in seinen "grünen"
Bildern ihn eine Weile beschäftigt hatte. Seitdem hat er sich
im Farblichen umbesonnen, seine Palette auf Schwarz und Grau, auf
Ocker und Bräunlich eingestimmt. Poröse und vulkanische
Versteinerungen faszinieren ihn, wie sie ihm so am Ätna und
auf Lanzarote begegneten. Alles weitere ergab sich förmlich
wie von selber.
Was aussieht, als wäre es förmlich "ungegenständlich"
ist es im Grunde aber keineswegs. Vielmehr möchte Göbel
so malen und zeichnen, wie Natur handelt. Was dabei entsteht, sind
Phänomene, die beträchtlich konkreter an- und aufzufassen
sind, als sonstige in Bildern konterfeite Naturimpressionen. Göbels
Bilder geben nicht vor, Landschaften zu reproduzieren, weil sie
selber so etwas wie Landschaft sind.
Dies sei, meint ihr Urheber dazu, ganz einfach zu verstehen. Für
ihn wenigstens, wie er mürrisch meint. Daran wäre nicht
viel herumzureden, wie da Erfahrenes und Erinnertes zu Bildern zusammenwachsen.
Eindrücke Eindrückliches hervorrufen, Farben Stimmungen
bewirken. Alles das ist, wenn man sich nur einigermaßen darauf
einläßt, als ein weites Ausholen anzusehen, als eine
innere (inhaltliche) Regung und Bewegung, die sich ihr Programm
wie die Ergebnisse je nachdem ertastet, dahin und dorthin lotet,
Veränderungen riskiert, um nicht festzufahren.
Sechs neue solche Versuche hat Göbel zu seiner ersten Grafik-
Mappe zusammengefaßt. Zum Grafiker ertüchtigte er sich
in seinen akademischen Lehrjahren in der Talente- Schmiede Maximilian
Melchers. Was er damals erlernte (und noch immer gut "im Griff"
hat), kam auch den sechs farbigen Radierungen nicht schlecht zugute,
die hiermit gehörig in Zusammenhang und aufeinander abgestimmt
vorliegen.
Für sie trifft zu, was für Göbels Landschafterei
überhaupt gilt. Wiederum sind es Paraphrasen seines großen
angestammten Themas. Wieder ist es ein Wahrnehmen landschaftlicher
Umstände (mit dem es freilich bei ihm eine durchaus konkrete
Bewandtnis hat). Wozu die Titel der einzelnen Blätter ein gewisses
Einsteigen ermöglichen. Gewissermaßen ist es also ein
Hochtal, kennzeichnende Schübe und Drangsalierungen, die eine
Gegend zur Gegend machen, Schattenschübe oder eine merkwürdige
Verwerfung im Terrain.
Göbel bemerkt manches und bedenkt vieles. Er ist, gerade
als Grafiker (gelernt ist gelernt!) zweckdienlich gewieft und subtil.
Auf seinen Platten schabend und ätzend ist er mindestens ebenso
professionell zugange, wie mit dem Pinsel in der Hand. Gerade bei
seinen Radierungen bietet Göbel, was er zu bieten hat. Und
das ist beträchtlich viel.
Diese sechs von ihm miteinander mappengerecht verfädelten
Erdzustands- Darstellungen sind ebenso viele typische Beispiele
für Göbels Auseinandersetzung mit dem, was Landschaft,
was Natur für ihn bedeutet. Nämlich eine nicht schlecht
eindrückliche Vermischung von Empfindung, Erinnerung und speziellem
graphischen Inszenierungsvermögen. Etwas Komplexes erläutert
sich in Teilansichten und im sechsmaligen Ansatz und Versuch, zum
Beispiel Landschaft beispielhaft zu erleben.
(Otto Breicha)
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