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Margit Feyerer-Fleischanderl,
Ingrid Niedermayr

 GALERIE IN DER SCHMIEDE
 20.09 - 17.10.2013

Vernissage: am Donnerstag, dem 19. September 2013, um 19:30 Uhr



Ingrid Niedermayr

geboren 1977 in Linz
1997-99 Akademie der Bildenden Künste in Wien (Fotografie & Video bei Prof. Eva Schlegel)
1999-2000 Universität für Angewandte Kunst Wien (Malerei bei Prof. Wolfgang Herzig)
2000-2002 Universität für Angewandte Kunst Wien (Malerei/Animation/Tapisserie bei Prof. Christian Ludwig Attersee)
2002 Diplom
Teilnahme an zahlreichen Ausstellungen in Österreich, Deutschland, Schweiz und den USA.

Arbeiten in öffentlichem und privatem Besitz.

Bild

Text von Dr. Leopold Kogler zu den Arbeiten von Ingrid Niedermayr

Illusionistische Perspektiven

Helle oder tendenziell monochrome Bildflächen mit in den Fokus gesetzten Geschichten sind Ingrid Niedermayr wichtig. Das Bild erscheint wie eine gerahmte Leere. Selbstverständlich wird gleich klar, dass es dabei nicht um einen leeren Bildgrund geht, sondern um eine Projektionsfläche ihrer Erdichtungen. Gezeigt wird ein noch nicht erweckter Ort einer potentiellen Bilderwelt; die Manifestation von Gedanken. Die Isolation eines entleerten Augenblicks wird deutlich ins Bewusstsein gerufen. Die Bilder verweisen auf die Anwesenheit der Anekdote im Bild, weil es viel mehr um die Wahrnehmungsspanne zwischen den Bildern geht, in der die gewesenen schon im Bereich der Erinnerung aufgehoben und die neuen noch als eine Projektion der Zukunft erscheinen. Es geht dabei immer um eine durchaus identifizierbare konkrete Themenwelt. Und es sind genau solche Spannungsfelder der Ambivalenz zwischen Gegenständlichkeit und Abstraktion, die sich für die Malerei von Ingrid Niedermayr so bedeutungsvoll darstellen. Immer wieder dominieren Anklänge an die Landschaftsmalerei, ja sie sind sogar ein beherrschendes Thema ihrer Malerei. Da ist alles drin von der Referenz auf die klassische Tradition über Paraphrasen bis hin zu einer Art von Porträts, die sich problemlos im Sinne einer Landschaft lesen lassen. Bei ihr bleiben die mehr oder weniger eindeutigen Zuschreibungen des dem Bilde zu Grunde liegenden Motivs oder Bildgegenstands aufgrund seines manifesten Hangs zur Verknüpfung verschiedener Assoziationen meistens im Bereich der Illusion. Dazu kommt, dass sie fast alle Arbeiten ganz bewusst ohne Titel in die Welt schickt, auch wenn sie suggestive gegenständlich-figürliche Dimensionen einsetzt. Die Betrachter müssen sich auf die Realität des Bildes einlassen, in der durch den Prozess des Malens, durch die spezifische Artikulation ihrer Stofflichkeit eine jede motivisch anekdotische Ebene übersteigende, andere Dimension der Bedeutung und Welthaltigkeit ins Spiel gebracht wird. Der offene Blick auf den Grund des Bildes und die Integration dieser Lücke in die Gesamtkomposition bewirkt die durchgehende Verflechtung der Bildebenen, die absolut notwendig ist, damit das Ganze am Ende nicht wirklich als mimetische Landschaftsmalerei missverstanden wird. Die Leere, die Weite und der Raum artikulieren sich mit einer malerischen Intensität, die gleichzeitig auf allen Ebenen sowohl in der Gesamtkonzeption als auch im Detail zum Ausdruck kommt. Die Tiefe des Bildes oder die Weite der Perspektive bleiben immer gegeben. Denn so undurchdringlich sie auf den ersten Blick manchmal erscheinen mag, diese Malerei lebt ganz wesentlich auch von ihrer Transparenz und der Erscheinung des durch alles Schichten hindurch evozierten Lichts.

Bild

Text von Inga Kleinknecht zu den Arbeiten von
Margit Feyerer-Fleischanderl

Keramische Minimenschen und große Zeichnungen

Wie ist es möglich, dass sich eine kleine Skulptur behaupten kann, die nicht größer ist als ein Taschenbuch? Und das, obwohl sie ganz allein, ohne Sockel direkt auf dem Boden positioniert wird? Keine besondere Absperrung beschützt sie und kein gezielter Lichtkegel überhöht ihre Präsenz. Dennoch ist es nahezu unmöglich, sich ihrer Wirkung zu entziehen.
Die österreichische Künstlerin Margit Feyerer-Fleischanderl ist für ihre kleinformatigen Figuren bekannt. Sie bedient sich der Technik der kalt bemalten Keramik, um die spontanen Eindrücke von den Menschen, denen sie zufällig begegnet, festzuhalten. Mit ihrer Detailgenauigkeit und Farbigkeit lehnt sie sich nicht an einen Naturalismus an, der die genaue Differenzierung von Stofflichkeiten anstrebt, sondern überzeichnet den leichten Grad einer Abstrahierung oder Reduzierung, um die Figuren lebendig wirken zu lassen. Bewusst verzichtet sie darüber hinaus auf gestellte Posen, affektierte Mimik oder idealisierte Körpermaße. Die Stärke ihrer Menschen liegt in deren bedingungslosen Normalität und Alltäglichkeit. Gerade auf Grund ihrer Einfachheit erzielen sie eine enorme Wirkung.

Die Betrachtung jeder einzelnen Keramikfigur geht fließend in eine Verknüpfung mit eigenen Erfahrungen über. Die Alltäglichkeit ihrer Präsenz ermöglicht es leicht, sich mir ihnen zu identifizieren oder in ihnen Persönlichkeiten wieder zuerkennen, die einem vertraut sind.
Feyerer-Fleischanderl sucht nicht gezielt nach Modellen oder münzt bestimmte Personen auf eine Typisierung. Sie macht aus der zufälligen, flüchtigen Begegnung mit unbekannten Personen bleibende Momente mit vertrauten Menschen. Dabei isoliert sie vereinzelt Figuren aus einem erlebten Kontext. Ihre Werkgruppen werden Projektweise und nach bestimmten „Alltagsthemen“ definiert. Dazu gehört ihr ganz persönlicher Alltag, etwa ein Ausstellungstermin in Bad Ischl, der mit ironischer Distanz regionale und künstlerische Klischees aufgreift und letztendlich Personen beschreibt, die sich einer gewissen Situationskomik nicht entziehen können. Ähnlich verhält es sich bei der Werkgruppe, die sich aus Eindrücken von einem Besuch in der Sauna entwickelt. Auch in Form von Aktdarstellungen müssen die kleinformatigen Skulpturen ohne jede Idealisierung und Pathos auskommen.

Ein eigener inhaltlicher und stilistischer Schwerpunkt bildet sich aus den Themen Urlaub, Reisen oder Unterwegssein, die schließlich zu einer Auseinandersetzung mit Skulptur und Zeichnung führt. Die Gegenüberstellungen ihrer „keramischen Minimenschen“ mit großformatigen Bleistiftzeichnungen gehört zu den aktuellen Werkgruppen der Linzer Künstlerin. Dabei positioniert sie singuläre, kleine Keramikfiguren bedeutungsvoll gegenüber Gruppierungen von überlebensgroß gezeichneten Menschen. Jede einzelne modellierte Figur behauptet sich auch im Ausstellungskontext gegenüber all den gezeichneten Menschen, die in Bewegung sind, die mit der Straßenbahn fahren, mit dem Flugzeug fliegen oder mit dem Schiff ein Gewässer überqueren. Obwohl sie dasselbe Reiseziel anstreben, treten sie nicht in Kontakt miteinander. Und in eben dieser Gruppe von Personen unterschiedlichster Nationalität und sozialer Herkunft, dort findet sich bei genauer Betrachtung auch jene Miniskulptur wieder, die zuvor so selbstbewusst die Aufmerksamkeit auf sich lenkte.

Die vergleichende Betrachtung der beiden Medien Skulptur und Zeichnung wird so zu einer spielerischen Erfassung der Bildmotive und erhält eine eigene Dynamik. Während man weitere passende Figuren in den Zeichnungen sucht, findet man vielleicht auch ein Stück weit sich selbst. Das wäre ganz im Sinne der künstlerischen Intention. Die Zeichnungen fungieren wie ein Spiegel der Figuren und somit auch der Betrachter oder Betrachterinnen selbst.
In ihrer unreflektierten Mimik und Körperhaltung sind ihre Geschichten und Bedürfnisse ablesbar. Die Künstlerin bleibt in ihrer Funktion als Beobachterin unentdeckt und erfasst genau den Moment, in dem man sich unbeobachtet fühlt. Unbewusste Körperhaltung und unkontrollierte Mimik lassen die Skulpturen ungewollt komisch wirken, distanzieren sich aber von einer Kategorisierung als rein dreidimensionalen Karikaturen. Die Darstellung des Tatsächlichen bleibt ausreichend, um den humorvollen Aspekt hervorzurufen.

Die ungewöhnlich großformatigen Zeichnungen sind dabei keineswegs als vereinfachte Skizzen oder gestalterische Entwürfe zu verstehen, die der eigentlichen bildnerischen Arbeit vorangehen. Sie sind vielmehr eigenständige künstlerische Ausdrucksformen, die das Thema „Alltagsmenschen“ aufgreifen und einen zusätzlichen Blickwinkel ermöglichen. Skulptur und Zeichnung bedingen sich gegenseitig, dennoch wird die grundsätzliche konventionelle Funktionalität der Zeichnungen aufgehoben und ihnen eine besondere Lebendigkeit zugestanden. Mit der Gegenüberstellung von Skulptur und Zeichnung überschreitet die Künstlerin das traditionelle Verhältnis der beiden Medien. Das Spiel mit den Größen-Dimensionen und die Kontrastierung von Drei-Dimensionalität und Flächigkeit, von Skulptur und Zeichnung eröffnen neue Möglichkeiten der Betrachtung und der inhaltlichen Konnotation. Die Zeichnungen sind in ihrer Dimension und mit ihrer Fülle an Motiven genauso autonome Kunstwerke, wie die singulären kleinformatigen Skulpturen. Der zusätzliche künstlerische Aspekt liegt in der Zweckentfremdung der beiden Medien.

Signifikant ist, dass Feyerer-Fleischanderl ihre Bleistiftzeichnungen aus einer Fülle von feinen Linienverläufen entstehen lässt, die sie in nahezu meditativer Konsequenz aneinandersetzt oder kreuzförmig schraffiert. Auf dem Papier entwickelt sich allmählich und in mehreren Arbeitsphasen die gewünschte Dreidimensionalität. Das Ergebnis sind modellierte Zeichnungen aus der Hand einer Bildhauerin.
Die kleinformatigen, farbigen Keramikfiguren finden somit ihre Entsprechung in den überlebensgroß angelegten, monochromen Zeichnungen. Gezeigt werden stets Menschen oder Menschengruppen in alltäglichen Situationen und innerhalb bestimmter sozialer Strukturen. Mit ihren keramischen Minimenschen, die in ihren großformatigen Zeichnungen mobil geworden sind, zeigt die Künstlerin Momentaufnahmen unserer gesellschaftlichen Struktur ohne diese kritisch zu beleuchten. Trotz aller künstlerischer Perfektion, stehen erfrischender Humor und die Fähigkeit, über sich selbst lachen zu können im Vordergrund.