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Erwin Bohatsch

 GALERIE AM STEIN
 14.10. - 22.12.2017


Vernissage: 13. Oktober 2017, 20:00 Uhr
es spricht Mag. Florian Steininger
künstlerischer Direktor der Kunsthalle Krems



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Die Galerie am Stein hat in ihrer Programmatik einen Schwerpunkt auf abstrakte österreichische Malerei von Hermann Nitsch, Arnulf Rainer bis Otto Zitko gesetzt. Erwin Bohatsch zählt hierbei zu den wichtigen Proponenten, die seit nun mehr Jahrzehnten an der ungegenständlichen Malerei festhalten und dem Tafelbild stets neue Impulse versetzen. Gezeigt werden in der Galerie rezente Gemälde sowie Arbeiten auf Papier.

Erwin Bohatsch bricht nach einer neuwilden Phase im Laufe der späten 1980er-Jahre mit der figurativen Darstellung und analysiert das Gemälde nach elementaren Kriterien um seiner selbst willen. Während in den Übergangswerken der Tropfen- und Craquelébilder die Illusion des Bildes noch im Zentrum steht, thematisierter in der Folge das Tropfen und Rinnen der Farbe per se. Zahlreiche Farbschichten – ob gestrichen oder geronnen – bilden einen dichten malerischen Schleier. Im Sinne des malerischen Selbstbezuges radikalisiert der Künstler die Malerei hin zur asketischen Monochromie. Parallel jedoch versucht sich Bohatsch stets an Variationen der Polychromie und an kompositorischen sowie zeichenhaften Bildsetzungen. In den aktuellen Werken definiert er das Bildfeld nun als heterogene Matrix, auf der etwa scharf umrissene Formen auf offene Malfelder mit grob gebürsteten Pinselstrichen treffen. Vor allem seine kompakten Arbeiten auf Papier sind Experimentierfelder für neue Wege, die Bohatsch folglich auf der monumentalen Leinwand umsetzt.

Abstrakte Malerei heute!

Die Abstraktion gilt in der Moderne als eine der signifikanten formalen Artikulationen und ist insbesondere mit der Malerei aufs Engste verbunden. Der konsequenten Analyse des Mediums bis zum Nullpunkt in der Avantgarde der 1910er-Jahre folgte ein stetiges Wiederaufkeimen der ungegenständlichen Malerei, vor allem im Abstrakten Expressionismus, im Informel und in der Minimal Art. In der nachmodernen Abstraktion der 1960er-Jahre trat ein Skeptizismus gegenüber der Malerei und der schöpferischen Autorschaft auf, dem in der postmodernen Phase ab den 1980er-Jahren mit Sinnlichkeit und Intuition entgegnet wurde. Das Projekt der abstrakten Malerei lebt bis in die Gegenwart weiter und zeigt sich als vielfältiger und vitaler Strang innerhalb der aktuellen bildenden Kunst. Hierbei nimmt Erwin Bohatsch eine eminente und vitalisierende Stellung ein.

Malerei ist heute zwar zu einem kollaborativen Medium unter vielen anderen geworden, ist Teil eines Pluralismus ohne Gattungsgrenzen und hat somit ihre ursprüngliche Vormachtstellung eingebüßt. Bedeutend ist vor allem der interaktive Charakter der Malerei im Spiegel neuer Medien und Technologien. Aber dennoch gibt es Malerei um ihrer selbst willen, sie besinnt sich auf ihre Medienspezifik, ist integer – das zumeist gemalte rektanguläre gute alte Tafelbild an der Wand lebt weiterhin. Die Besonderheit und Exklusivität des Bildes als Solches ist seit dem Aufkommen von Ikone und Flügelaltar geblieben. Es ist ein isolierter Ort der ästhetischen Anschauung – ob außermalerisch konnotiert und medial kontaminiert, imaginativ sphärisch, faktisch objekthaft, konzentriert kompakt wie eben eine Ikone, oder als weites Feld, in das wir optisch eintreten. Wie auch das Buch wurde das Bild nicht vollends von neumedialen Informationsformen abgelöst. Der Hang zum Analogen, zum persönlich Geschaffenen ist ungebrochen. Die Malerei fungiert als tiefes, stilles abstraktes alter ego zu den bewegten digitalen Screens, die unser Leben unentwegt mit Informationswellen umfluten. Das gemalte Bild, und insbesondere das abstrakte, ist in gewisser Weise sprachlos, kein Informationstransmitter. Oft müssen wir uns ihm langsam und sensitiv annähern, seelische Aufnahmefähigkeit mitbringen, ganz im Kontrast zur digitalen Berieselung, um seine gespeicherte Energie zu erfahren und in seinem malerischen Erfahrungsraum aufzugehen.

Florian Steininger