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Günter Brus und Ana Brus

 GALERIE AM STEIN
 22.05. - 10.07.2015


Vernissage:



Günter Brus: Körper und Geist

Florian Steininger

„Mein Körper ist die Absicht, mein Körper ist das Ereignis, mein Körper ist das Ergebnis.“

Günter Brus körperbezogene Aktionen zählen zu den wichtigsten Beiträgen der internationalen Nachkriegsavantgarde. Das künstlerische Werk des Wiener Aktionisten setzt Ende der 1950er-Jahre ein, als die informelle Malerei und der Abstrakte Expressionismus die Kunst dominieren. Brus reagiert darauf mit heftig abstrakter Malerei mit intensivem Körpereinsatz. Die Leinwand mutiert zur Epidermis, die von den malerischen Attacken der Pinselhiebe verletzt wird. In der Zeichnung fungiert der Stift wie ein Haut-sezierendes Messer. Brus drängt auf den Austritt aus dem Bildgeviert: „Man muss leben in der Malerei. Rundherum Malerei ... eine räumliche Unfassbarkeit“. Dieser radikale Schritt wird erstmals in Ana, der 1. Aktion mit Selbstbemalung, eingelöst: Malerei als aktionistisches Environment. Der Körper wird zum Pinsel und zugleich zum Leinwandersatz. Die Mal-Performance findet im Spätherbst 1964 im Wiener Atelier von Otto Muehl in zwei Etappen statt und wird fotografisch und filmisch dokumentiert. Im ersten Schritt bewegt sich Brus, in Mullbinden mumienartig eingewickelt, in dem weiß getauchten Raum, danach findet die Körperbemalung in schwarzer Farbe von Ani Brus statt. „Meine erste Aktion war zum Teil eine intellektuelle Panne. Sie war aber auch ein Durchbruch, welcher direkt auf die später so genannte ‚Körperkunst’ hinzielte.“ Der Künstler selbst spricht von einem „triebdurchbruchartigen Malanfall. Parallel entstanden dazu die Ana-Zeichnungen in Anlehnung an Schieles feinnervige Aktbilder. Sowohl in Malerei als auch Zeichnung ist Rausch und Raserei bei Brus eingeschrieben. Aus dem schwarzen Strich auf dem Körper  – zuerst noch als expressionistische Markierung, vergleichbar mit Arnulf Rainers vertikalen Bündeln – wird in Folge ein rasiermesserscharfer Strich, der die Selbstverletzung andeutet. Auf Selbstbemalung folgt Selbstzerstümmelung im Œuvre der Brus’schen Körperanalysen. In der Aktion Transfusion, 1965 sind Günter und Ani Brus von aggressiven Werkzeugen, wie Nägeln und Maurerklampfen umgeben. Diesem verletzenden Moment wirkt die schrille buntfarbige Bestäubung des weiblichen Körpers entgegen. Schläuche verbinden Mund und Schoß der beiden Protagonisten: „Naturgemäß drängen sich bei solch einer Thematik psychologische Deutungen auf. Ich blockte diese mit der einfachen Formel ‚Nabelschnur=Kabelschnur’ ab und überlasse auch weiterhin die Analyse der Transfusion dem Dachverband des Sachverstands. Mir ging es einfach um eine möglichst papageienartige plakative Oberfläche, um ein Mysterium, in Operettenfassung heiter ausgedrückt.“ Ebenso in der Aktion Silber haben Kolorit und räumliche Atmosphäre abseits der Körperlichkeit eine wichtige Dimension. Die Brus’schen performativen Projekte nehmen sukzessive eine radikalere und autoaggressivere Qualität ein, die 1970 in der Zerreißprobe gipfelt. Die körperliche Empfindlichkeit wird drastisch zum Ausdruck gebracht. Der kahlgeschorene, sich selbst zerstümmelnde Künstler verfällt in die Scherzrhetorik des Märtyrers: die Aktion als psychopathologischer Ausbruch. „Die alten Kunstgattungen versuchen Wirklichkeit zu rekonstruieren, Totalaktion vollzieht sich in der Wirklichkeit.“ Diese Totalaktion markiert jedoch das Ende des aktionistischen Werks von Günter Brus, vor allem aus Gründen der Verantwortung gegenüber seiner Familie. Er vollzieht eine drastische Kehrtwende, holt Stift und Blatt hervor und beginnt wie ein schwarzer Romantiker zu illustrieren und zu dichten. Die Bild-Dichtungen sind Resultate eines phantasiereichen Geistes im postromantischen Sinne, der den Glauben an die Avantgarde verloren hat – Ein Bekenntnis zur Innerlichkeit, zu den Träumen, zum Sur-Realen, anstelle Körper und Wirklichkeit.

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