Die Galerie Hubert Winter zeigt von 21. 10. bis 25. 11. 2000 neue
Arbeiten der 1970 in Gmunden geborenen und in Wien lebenden Künstlerin
Andrea Pesendorfer.
Andrea Pesendorfers Bilder kennzeichnen sich durch ein Herausziehen
von Fäden industriell verfertigter Stoffe (Leinwand, Sari-,
Dirndlstoffe), die über Holzrahmen vorder- wie rückseitig
gespannt sind. Die dadurch freigelegte Farbigkeit, wie partielle
Überlagerung und Transparenz der unterschiedlich gewebten Stoffe
sind typische Elemente ihrer Arbeit.
Diese Methode entspricht einem umgekehrten Vorgang zur Malerei,
wie sie in ihrer üblichen Form ausgeführt und erfasst
wird. Malerei, verstanden als plastischer Prozess, bei welcher Farbpigmente
opak oder pastos, transparent oder lasierend auf eine Oberfläche
aufgetragen werden, wird als additativer Prozess betrieben.
Zwar bildet auch in Andrea Pesendorfers Arbeit die Leinwand als
Bildträger die Ausgangsbasis, aber im Unterschied zum herkömmlichen
bildformierenden Prozess, lagert sie kein weiteres Material auf
oder über den Bildträger, sondern entzieht es diesem durch
ein Herauslösen von Fäden. Sie legt eine industriell vorgefertigte
Struktur von Leinwandbindung frei und entknüpft sozusagen Kette
und Schuss. Damit folgt sie einem Prozess, der in der Malerei als
untypisch zu bezeichnen ist und am ehesten mit Ritz- und Gravurtechniken
als verwandt angesehen werden kann. Das heißt es handelt sich
hier im Unterschied zur plastischen Prozedur um einen skulpturalen
Vorgang, der sich in Pesendorfers Fall aus der bildnerischen Subtraktion
von verwobenen Materialien charakterisiert.
Diese Subtraktion wird auch am eigentlichen Gegenstand der Malerei
nämlich der Farbe deutlich. Die Farben sind einerseits
durch die industriell gefertigten Stoffe (Changend, Sari etc.) vorgegeben,
entstehen aber ebenso durch das partielle Freilegen der verwobenen
Fäden, das heißt die Farben werden entmischt, indem beispielsweise
die blauen Fäden aus dem violett erscheinenden Stoff herausgezogen
werden und die orange/roten Fäden übrig bleiben. Damit
wird der Farbcharakter des sich optisch durch die Verwebung und
Verflechtung von seinen stark kontrastierenden Farbgründen
und Ausgangsfarben her bloßgelegt.
Andererseits bilden sich die Farben durch eine Art von Schichtung,
indem die Künstlerin die durch die Subtraktion entstehende
Transparenz der Stoffe ausnützt und um den Holzrahmen spannt,
sodass sich die Front des Bildes optisch mit dem Rücken konfrontiert
und freigelegte und kompakte Farbe über eine räumliche
Distanz neu konstruiert.
In Andrea Pesendorfers neuen Arbeiten tritt zu diesem Prozess
der "Entwebung des Stoffgewebes zu einem Bild" noch eine
weitere Verdichtung in Form von Faltungen, die die farbigen Muster
in unterschiedlichen Farbnuancen schillern lassen.
Das Thema der Falte schlägt eine Brücke zu den Hemdkleidobjekten,
die ebenfalls in der Ausstellung zu sehen sind. In den Kleidobjekten
wird die momentane Bewegung und generelle Haltung einer Person auf
Kleidungsstücken fototechnisch eingefroren. Sie verdeutlichen
den individuellen Abdruck eines Körpers. Die im Digitaldruckverfahren
hergestellten Teile werden in einem weiteren Schritt wieder zu dreidimensionalen
Objekten zusammengenäht und im Raum schwebend installiert.
Sowohl in Lebensgröße als auch in der kleineren Ausführung
kristallisieren die Objekte einen mehrfachen Abbildungs- und Darstellungsprozess.
nach einem Text von Ingo Nußbaumer
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