Unter dem Motto "Das Ziel der Malerei ist unbestimmt
(Paul Valéry) zeigt Adrian Schiess zwei Werkgruppen seines
künstlerischen Schaffens: Fotografien von Oberflächen
und kleine Ölbilder auf Karton. Letztere, mit dem Titel "Coucher
du soleil", werden hier zum ersten Mal in einer Einzelausstellung
präsentiert.
Die beiden Werkgruppen, die dem ersten Anschein nach nichts miteinander
zu tun haben und ein Auseinanderbrechen der Ausstellung intendieren,
sind im Kontext von Schiess bisherigem Oeuvre zu sehen. 1984
hatte er begonnen, bemalte Kartons ("Fetzen") und Holzplatten
auf dem Boden auszubreiten und eröffnete das Programm einer
Malerei, "die sich zerstreut und endlos ausbreitet" (Adrian
Schiess). Seine bekannten "Flachen Arbeiten" (ab 1987)
trieben wesentliche Kriterien der Moderne voran - Erweiterung des
Bildraums, Loslösung des Bildes von der Wand, Entpersonalisierung
der Bildproduktion - und lösten die Farbe vom Bild, um sie
in chromatischen Verläufen im Raum zu verteilen und diesen
reflexartig widerzuspiegeln. Malerei solcherart befreit, konnte
sich im Weiteren in anderen Medien wie Fotografie und Video entfalten,
in fotografierten farbigen Oberflächen und unmerklich verlaufenden
Farbnuancen auf LCD-Schirmen. "Von den drei Bedrohungen des
Bildes (Raum, Licht, Medien) verwendet Schiess nicht nur Raum und
Licht, sondern auch die Medien, um ... die Idee der Malkunst triumphal
zu retten."
(Peter Weibel)
Seine neuen Ölbilder auf Karton versteht der Künstler
als Komprimierung seiner bisherigen Arbeiten, kurzgeschlossen an
einem Ort. Waren die Fotos eine erste Wiederbschäftigung mit
dem Bild, wenngleich noch eine rein visuelle Angelegenheit mit zufälliger
Komposition, stellen die Ölbilder "Fragen von Gläubigkeit"
(Adrian Schiess) an das Bild. Der gleichsam klassische Titel der
Werkgruppe "Coucher du soleil" (Sonnenuntergang) verweist
mit Absicht auf eine ikonenartige Bildgattung, der die Zeit ein
wesentlicher Faktor ist. Hatte sich Zeit in den "Fetzen"
zerstreut und zeigten die "Flachen Arbeiten" immer nur
das Jetzt, sind die Ölbilder nun Ablagerung, Verdichtung von
Zeit, eine Kreuzung von Platten und Fetzen auf kleinem Format.
Adrian Schiess, geb. 1959 in Zürich, lebt in Mouans-Sartoux/Südfrankreich.
Ausstellungen u. a: 1989 "Prospect 89", Frankfurter Kunstverein;
1990 Aargauer Kunsthaus, Aarau; Biennale Venedig, Chiesa San Staë;
1991 Villa Arson, Nizza; 1992 Dokumenta IX, Kassel; 1993 Musée
dArt Moderne de la Ville de Paris; 1994 Kunsthalle Zürich;
1996 Neue Galerie am Landesmuseum Joanneum, Graz; 1998 Kunsthaus
Bregenz, 2000 Neues Museum, Nürnberg
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