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Helmut Federle

Basics on Composition 1992 & 2019

blank down GALERIE nächst ST STEPHAN
 09.11.2019 - 25.01.2020


Vernissage: am Samstag, dem 9. November 2019, um 14:00 Uhr



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Helmut Federle, Basics on Composiition F (Three Owls) (frech), 2019, oil on canvas, 40 x 50 cm, Foto © Markus Wörgötter, Courtesy: Galerie nächst St. Stephan Rosemarie Schwarzwälder

Mit dem Werk „Liegendes H“ ist Helmut Federle 1979 eine Bildfindung gelungen, die er in seiner Werkserie „Basics on Composition“ – vorwiegend 1992 entstanden – variiert hat. Jetzt, 2019, 40 Jahre nach dem ersten Bild, nahm er sie wieder auf. Das in seiner New Yorker Zeit entstandene Werk, das den ersten Buchstaben seines Vornamens zur Grundform hat, erlangte im Lauf seines Schaffens gleichsam ikonischen Charakter und kommt offenbar nicht zur Ruhe. Federles Wiederaufnahme der Serie in diesem Jahr ist Anlass zu unserer gegenwärtigen Ausstellung.

Mit seinen „Basics on Composition“ greift Helmut Federle die Tradition der geometrischen Abstraktion auf, erneuert und erweitert sie – als ein spannungsgeladenes Forschungsfeld für das Verhältnis von Figur und Grund zwischen Ordnung und Unordnung, zwischen Bewegung und Stille. Die Balken des „Liegenden Hs“ und die beiden Quadrate, die sich links und rechts daraus als offene Enden ergeben, werden zu individualisierten, gleichwertigen geometrischen Flächen, die die traditionelle Figur/Grundbeziehung immer wieder umkehren und eine Balance und Geschlossenheit verweigern. „Federle hat das Quadrat, dessen feste Form, destabilisiert und zu etwas gemacht, was keine Autorität mehr verkörpert. Seine Quadrate werden von den Beziehungen zu ihrer Umgebung definiert. Seine Kompositionen sind entschieden nicht-hierarchisch […]“ (John Yau, 1993)

Die nun bald 70 Variationen des Motivs im selben kleinen Format von 40 x 50 cm leben von ihrer kraftvollen, emotionalen Präsenz. Die kann mal still, dann fast „rotzig“ sein. Die Farbwahl der Quadrate bewegt sich zwischen Gelb, Gelbgrün und einem Grün, das an asiatische Reisfelder denken lässt, oder – selten – Hellbraun. Die Flächen der Quadrate sind einmal opak, ein andermal zeigen sie Pinselspuren, ein andermal ist das Gelbgrün in ein und demselben Bild nicht dasselbe. Einmal sind die Begrenzungen der Quadrate zum H sehr scharf, ein andermal vibrieren sie an dessen Grenzen. Die dunklen Balken des „Liegenden H“s sind oftmals zergliedert in glänzende und matte Flächen, in schwarze und dunkelgraue Partien oder auch in schwarze und rote. Das H wird zum „L“, das auf dem Kopf steht und drei rote Rechtecke, im Untertitel „Three Owls“ bezeichnet, freilässt. In anderen Variationen bildet die Einteilung des Hs schwarze, nach links oder rechts gerichtete Formen von „Magneten“, die die Bildfläche auseinandertreiben und zugleich die Unordnung zu bändigen suchen. Das 2019 entstandene Werk „Basics on Composition D (Red Scorpion/Hühnerstall)“ ist das bislang einzige Bild der Serie, das das H allein in roter Farbe vorträgt.

Gestische Einträge, sowohl in den dunklen Balken, als auch in den Quadraten formulieren quer über die definierten Ränder, mal lyrisch, mal trotzig, auch Federles „Desviaciones“, seine Devianzen im System geometrischer Abstraktion. Er definiert seine Malerei als „vegetativ“ und „klimatisch“. Viele seiner „Basics on Composition“ sind mit Untertiteln oder Widmungen versehen. Sie führen nicht zum Inhalt der Bilder, wohl aber als Assoziation und Anregung zum Kosmos von Federles lebensweltlichen Auseinandersetzung, die sein Werk begleitet und bestimmt. Es sind Widmungen an Momente einer Reise nach Japan, an amerikanische Täufersekten, an die indianischen Navajos, japanische Schwertkämpfer, Teemeister, oder eben ganz profan ein Hühnerstall, um nicht zu viel Erhabenheit aufkommen zu lassen. Der Horizont der sieben Seen birgt mannigfache Empfindungen.

Neben großformatigen Arbeiten von Helmut Federle beherbergen viele Museen diese kleinen Ikonen, so das MUDAM in Luxemburg, das Kunstmuseum Bonn, das MAMCO in Genf, das Musée d’art moderne et contemporain in St. Etienne, das Kunstmuseum Basel, der Fonds M—Marco in Marseille, das Kunstmuseum Wolfsburg, das Kunsthaus Bregenz.

Helmut Federle wurde 1944 in Solothurn geboren, er lebt und arbeitet in Wien und in der Toskana. 1997 vertrat er die Schweiz auf der 47. Biennale in Venedig. Von 1999 bis 2007 hatte er eine Professur an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf inne. 2008 erhielt Federle den Prix Aurélie Nemours, 2016 den Ricola Preis.