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Michal Budny

Winter

  GALERIE nächst ST STEPHAN
 29.02. - 19.04.2008

 


Dass meine Arbeiten so zerbrechlich sind, ist an ihnen das Allerschönste, das ist ihre Stärke. Diese Eigenschaft verkündet Veränderung. Durch ihre Zerbrechlichkeit zwingen sie mich, zu ihnen auf Distanz zu gehen.

M.B.

Das künstlerische Material von Michal Budny ist alltägliches Verpackungsmaterial. Er übersetzt Gebrauchsgüter, Naturformen oder immaterielle persönliche Erinnerungen in Papier und Pappe. Gegenstände wie Landkarten, Mobiltelefone, Bücher oder CD-Player werden auf dieselbe akkurate Art wie Kakteen oder die Phantasie eines Traumschlosses aus einfacher Pappe zugeschnitten, gefaltet und geklebt. Es entsteht eine papierene Gegenwelt in minimalistischer Ästhetik, die den Blick durch den Alltag hindurch auf das Poetische und Existentielle eröffnet. Michal Budnys Objekte sind "Modelle für den geistigen Gebrauch", Katalysatoren für einen vielschichtigen Blick auf das, was uns unmittelbar umgibt.

Unsere Ausstellung "Winter" zeigt Skulpturen aus bemalter Hartpappe, die jeweils auf kleinen, schlichten Tischen präsentiert werden und im Vergleich zu früheren Arbeiten so detailliert gestaltet sind, dass auch ihre Struktur sichtbar wird. Dem Künstler geht es dabei weniger um die Darstellung raffinierter, ausgeklügelter Formen, sondern vielmehr um die Dekonstruktion einer bestimmten Sichtweise.

Michal Budny teilt dafür seine Werke in zwei Gruppen – die "schwarze" und die "weiße". Die Serie der "schwarzen" Skulpturen umfasst Objekte, die gewissermaßen als "betrunkene" Stillleben bezeichnet werden können – darunter alltägliche Gegenstände in Arrangements und Kompositionen, wie man sie entweder in betrunkenem Zustand oder beim Betreten eines dunklen Zimmers wahrnimmt, wenn nebeneinanderstehende Objekte zu einer einzigen abstrakten Figur verschmelzen, zu einem neuen Organismus werden, sich zu einer Form ohne Funktion verdichten.

Die "weißen" Skulpturen sind kleine räumliche Modelle, die Fragmente der realen Umgebung so wiedergeben, wie sie auf die Bildebene einer Fensterscheibe fixiert erscheinen würden, wobei auch bestimmte Bedingungen, unter denen diese Bilder entstehen, thematisiert werden. Die Objekte illustrieren somit, was nicht begriffen, sondern bloß betrachtet werden kann, würde man das Zuhause nie verlassen. Der Außenraum erscheint völlig fremdartig, er erhält lediglich durch den "Blick aus dem Fenster" Gestalt.

"Winter – Zustand des psychischen Einfrierens, in dem wir unsere Kontakte zur Außenwelt auf Eis legen. Skulpturale Illusionen als Versuch, den ‚flachen’ Blick auf die Dinge ‚draußen’ plastisch darzustellen oder in ein Abbild der Wirklichkeit zu übersetzen, die aus einer momentanen Täuschung, einer Sehstörung oder einer Verzerrung resultiert. Stillleben, Ausblicke und Arrangements als Momentaufnahmen, in denen sich die Größe und Proportionen verschiedener Objekte verändern und das Alltägliche auf die wesentlichen Komponenten reduziert oder überhaupt gekippt wird. Der Glaube an das, was von einer Norm abweicht, sowie die Suche nach einer Bestätigung dafür, dass ein Fehler kein Defekt, sondern eine völlig neue Art von Raum ist, in dem man sich ebensogut einrichten könnte."

Michal Budny, 2008

Geboren 1976 in Leszno, Polen, lebt in Warschau.
Ausstellungen (Auswahl): 2008 Der große Wurf, Museen Haus Lange - Haus Esters, Krefeld; 2007 Triennale Kleinplastik, Fellbach; Manipulations, Centre for Contemporary Art Ujazdowski Castle, Warschau, und Laznia Centre for Contemporary Art, Danzig (2006); 2006 Zacheta National Gallery of Art, Warschau; Bielefelder Kunstverein/Kunstverein Nürnberg; Spiralen der Erinnerung, Kunstverein Hamburg; Postmodelism, Bergen Kunsthall; annex14, Bern; 2005 (+ 2007) Johnen + Schöttle, Köln; Prag Biennale; 2004 Centre for Contemporary Art Ujazdowski Castle, Warschau; Die leichte Arbeit, Kulturbrauerei Berlin; Rheinschau Köln; 2003 (+ 2005) Raster, Warschau