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SCHEIN

pawel lubowski
jacek kasprzycki
wojciech müller

 Kunstverein Mistelbach
 10.07.– 31.7.2005

 

Vernissage : am 9. Juli 2005, um 17.00 Uhr
im Barockschlössl Mistelbach


SCHEIN

Auf welche Weise hängen Malerei, Fotografie und Film zusammen? Wo liegen in den Präsentationen der drei Künstler, bzw. in ihren Arbeiten in den verschiedenen Kunstgattungen verwandte Aspekte? Im Begriff Schein lässt sich Verwandtes, zugleich aber auch Unterschiedliches feststellen.

Im Deutschen hat das Wort Schein viele Bedeutungen, zwei davon scheinen im Kontext der Ausstellung dieser drei polnischen Künstler im Kunstverein Mistelbach zutreffend zu sein: Licht als generell visuelles und Schein als trügendes Phänomen. Diese beiden Aspekte sind in den hier vorgestellten Arbeiten zu finden.

Pawel Lubowski (geboren 1955, Maler, Chefredakteur von ARTeon – Magazin für zeitgenössische Kunst), malt Skulpturen, die auf den ersten Blick Assoziationen zu antiken Vorbildern hervorrufen. Jedoch der Schein trügt. Lubowski inszeniert keine Performances, die er gezielt fotografisch festhält. Anhand der Fotografien malt er danach Ölbilder auf Leinwand, in welchen die fotografische Ästhetik aufrechterhalten bleibt. Die Bildwirkung im Kleid dieser fotografischen Ästhetik wird zu einem wesentlichen Akzent in seinen Bildkonzepten. Während des Malprozesses wandelt Lubowski das oberflächliche Aussehen seiner abgebildeten Figuren wieder in eine andere dreidimensionale Erscheinungsform, die menschlichen Körper erscheinen wie Steinskulpturen, plastisch im zweidimensionalen Bilderrahmen. Gestik und Gebärden der, in der Bildebene aufgetragenen skulpturalen Bildinhalte, scheinen in dem verwirrenden Hin- und Her zwischen den medialen Ausdrucksformen beliebig zu wechseln. Diese merkwürdigen Szenen, etwa, was nie mit den pathetisch empfundenen antiken Statuen assoziiert wird, beginnt hier ein Eigenleben zu entwickeln – die steinigen Plastiken kneifen, puffen und beißen sich gegenseitig. Alles in Lubowskis Malerei ist scheinbar Täuschung, die aber gleichzeitig die Mechanismen des Betrachtens und der Rezeption antiker Kunst entlarvt, bzw. unter anderem humorvoll zu deren neuer Rezeption anregt. Es wird unter anderem veranschaulicht, dass Vorstellungen von antiken Kunstwerken immer aus dem jeweiligen Zeitgeist heraus vermittelt werden. Dieser Bildtypus erzählt von einem malerischen Konzept, welches sich medienübergreifender Poesie bedient. Interessant ist auch, dass Lubowski während der Ausstellung sowohl gemalte Bilder an der Wand vorführt, als auch Reproduktionen von seinen Bildern, als Diapositive an die Wand wirft. Licht und Täuschung überschneiden sich im Rahmen seiner Präsentation unter dem Titel SCHEIN.

Jacek Kasprzycki (geboren 1952, Medienkünstler, macht Zeichentrickfilme für das polnische Fernsehen) zeigt uns Filme, die sich an polnischen Realitäten orientieren. Er lenkt die Aufmerksamkeit auf diverse Erscheinungsbilder von Werbungen – auf die Galerie als Präsentationsfeld professioneller Kunst, auf politische Inschriften an öffentlichen Wänden und Mauern – die Galerie der angewandten Kunst und auf die Graffitikunst in polnischen Städten – auf die Schauflächen der unprofessionellen Kunst. Diese drei von ihm hervorgehobenen Galerien leben und verwandeln sich im Laufe der Zeit. Schilder aus kommunistischen Zeiten werden allmählich zu Werbeplakaten von Firmen, die auf der ganzen Welt zu sehen sind. Die polnische Straße beginnt mehr und mehr wie alle Straßen aller globalisierten Länder auszusehen. Eine der mächtigsten Scheinformen unserer Epoche – die Werbung – spielt die erste Geige und ist damit Realität unserer temporären Gegenwart geworden. Um solche Aspekte von Realität darzustellen, verwendet Kasprzycki das Medium Film, jenes Medium, welches ohne Licht nicht funktioniert.

Wojciech Müller (geboren 1947, Medienkünstler, Rektor der Akademie der Bildenden Künste in Poznan) beschäftigt sich mit Fotografie, die auch im Grunde auf Wirkung von Licht und Dunkel, in einer Balance zwischen Realitätsnachweis und Täuschung wandelt. Seine Arbeiten zeigen sich als eine Suche nach Neuem. Wenn man sie mit herkömmlicher Fotografie im klassischen Sinne vergleicht, spürt man einen Willen, sich in eine glaubwürdige Zukunft hin zu emanzipieren. Der Künstler ist auf der Suche nach einer neuen Ausdrucksform in diesem Medium. Müller konstruiert seine Fotoobjekte, um diese dann auf großen Gerüsten anzubringen. Verschiedenartige großformatige Folien sind hier oft Bildträger. Das Foto wirkt zugleich als materieller Gegenstand und, dank der technischen Verwandlungen, als etwas fast Transparentes, Unsichtbares und Ungreifbares. Diese Vereinigung von so unterschiedlichen Eindrücken provoziert Fragen, die dem Wesen der Fotografie nachgehen und zu neuer Rezeption führen mögen.

SCHEIN als Metapher macht den drei polnischen Künstlern im Museum in Mistelbach einen Rahmen um ihre unterschiedlichen Absichten und Kunstwerke.

Dr. Marta Smolinska-Byczuk

(Kuratorin der Ausstellung)