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Otto Muehl

Excess Art


  GALERIE KONZETT
Wien
 18.06. - 31.07.2010

 

Vernissage: am Donnerstag, den 17. Juni 2010, um 19:00 Uhr



Zum 85. Geburtstag von Otto Muehl eröffnet die Galerie Konzett die Ausstellung EXCESS ART, kuratiert und mit einer Einführung von Danièle Roussel.

Am 16. Juni 1925 wird Otto Muehl in Grodnau im Burgenland geboren, der Vater ein strenger Volksschullehrer, die Mutter eine äußerst vitale Frau. Nach gelungener Flucht vor der sowjetischen Armee nach Kriegsende studiert er an der Universität Wien Deutsch und Geschichte auf Lehramt, dem sich ein Studium der Kunstpädagogik an der Akademie der bildenden Künste Wien anschließt. Fast zehn Jahre arbeitet er anschließend in der Hietzing Schule, einer Einrichtung mit liberalem Projektunterricht nach psychoanalytischen Grundsätzen, eine Erfahrung, die sicherlich für die Gründung der späteren AAO (Aktions Analytische Organisation) 1970 nicht ohne Nachhall blieb.

Bereits 1960 tritt Muehl mit seiner ersten Einzelausstellung in die Wiener Kunstszene ein; Kontakte zu Günter Brus, Alfons Schilling und Hermann Nitsch setzen wichtige Impulse. Der „aktionistische Urknall“ ereignet sich 1961: die Zerstörung des Tafelbildes durch Abwendung von der figurativen Malerei – zu der er später zurückfinden wird – und eine Hinwendung zu einer materialorientierten und performativen Kunst. Den Materialbildern folgen Gerümpelskulpturen, 1962 dann die erste Aktion, die spektakuläre Einmauerung im Perinetkeller zusammen mit Hermann Nitsch und Adolf Frohner. Das Manifest „die Blutorgel“ erscheint, weitere programmatische Texte folgen. Im Jahr darauf findet in Muehls Atelier die erste öffentliche Veranstaltung des Wiener Aktionismus statt, das „Fest des psycho-physischen Naturalismus“. Bis 1973 folgen zahlreiche weitere Aktionen. Dann erklärt Muehl das Leben selbst als Kunstwerk: Der Friedrichshof im Burgenland wird zur Wirkungsstätte der AAO.

Tanz-, Trance- und Materialaktionen, sogenannte Selbstdarstellungsabende, aber auch Filmprojekte werden in der Kommune realisiert. In verschiedenen Werkphasen erschafft Muehl 1975-1991 eine große Anzahl von Malereien, Gouachen, Aquarellen, Zeichnungen und Siebdrucke, die in Thema und Malstil variieren – poppig-caravaggesk, postimpressionistisch à la van Gogh oder picassoesk. Der Öffentlichkeit bleiben die Arbeiten verborgen: Muehl sieht Inhalt und Zweck seiner Kunstproduktion ausschließlich in Zusammenhang mit seinem Leben in der Sozialutopie der Kommune, die an ihrem Höhepunkt auf 700 Menschen anwächst. Und sich nach 21 Jahren Bestand auflöst: Das Experiment freier Sexualität und gemeinschaftlichen Eigentums ist gescheitert: Die Verurteilung Muehls zu sieben Jahre Haft wegen „strafbarer Handlungen gegen die Sittlichkeit“ und Verstoß gegen das Suchtgiftgesetz überschattet das Ende der Utopie zusätzlich. In Gemälden, Texten und einem regen Briefwechsel verarbeitet Muehl diese Zeit.

Seit 1997 lebt Muehl gemeinsam mit sieben Künstlerfamilien in der Artlife Family in der Algarve. Portugiesische Landschaften finden Einzug in sein Werk, es entstehen Bilder des “psychischen Strukturalismus“ – Figuren aus amorphen Farbflächen, und „Haifischmalerei“.
Ab 2001 entwickelt Muehl mit Electric Painting das für ihn völlig neue Genre der elektronisch gemalten Collage: Einzelfotos von Aktionen, die er am Computer zeichnerisch und farbig, formal und thematisch weiterentwickelt, werden aneinandergereiht und zu einem Film zusammengefügt.

electric-painting malerei unterscheidet sich von der normalen malerei: es geht nicht um das endprodukt bild, sondern um den prozess der entstehung. dies ist nur durch die zwischenspei-cherung der einzelnen phasen und entwicklungsstufen der gestaltung möglich.
während in der malerei auf leinwand der vorige bildzustand durch die weiterarbeit zugedeckt und gelöscht wird, bleiben durch die speicherung die einzelnen stufen des  gestaltungspro-zesses erhalten. von jeder einzelstufe kann eine neue entwicklung weitergeführt werden. OM

Aktion, Fotografie, digitale Malerei und Sound – die unterschiedlichsten Medien wirken zusammen und thematisieren seinen Alltag, sein Alter, seine Parkinson-Erkrankung und das Leben in der Artlife Family. Daneben entstehen EXCESS ART-Objekte, bei denen er angeregt durch die Computermalerei die Farbe direkt aus der Tube auf die Leinwand aufträgt.

Erstmals präsentiert KONZETT anlässlich des 85. Geburtstages des Künstlers einen der Electric Painting-Filme im Rahmen einer Galerieausstellung und nie zuvor gezeigte Electric Painting-Unikatfotos. Ein weiteres Highlight der Jubiläumsschau sind EXCESS ART-Objekte. Kraftvoll in ihrer Farbigkeit und Pastozität, wild und ungestüm im Ausdruck, sind diese und weitere ausgestellte Arbeiten aus den Jahren 2000-2007 Zeugen des unbändigen Schöpfertums von Otto Muehl.