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Helga Philipp

(1939-2002)


  GALERIE KONZETT
Wien
 27.11.2009 - 23.01.2010

 

Vernissage: am Donnerstag, den 26. November 2009, um 19:00 Uhr
Einführung: Mag. Carl Aigner, Direktor des Landesmuseums Niederösterreich, St. Pölten



Sie gilt als Pionierin der konkreten Kunst in Österreich, ihre Arbeiten sind herausragende Beispiele der Op-Art und der dynamischen Kinetik. Vertreten in wesentlichen Ausstellungen der 1960er Jahre, war sie prominent in das Programm der Galerie nächst St. Stephan integriert. Heuer hätte Helga Philipp ihren 70. Geburtstag gefeiert. Der Malerin, Objektgestalterin und Graphikerin zu Ehren widmet die Galerie Konzett und das Landesmuseum Niederösterreich (bis 24.5.2010) eine umfassende Schau mit Werken aus dem Nachlass der Künstlerin.

„Konstruktive Kunst ist Wissenschaft der Sinne, und ihre Aufgabe ist es, sinnliche Wahrnehmungen zu organisieren“ – diese von Eugen Gomringer, dem Mitbegründer der konkreten Poesie formulierte Prämisse für konstruktiv-konkrete Kunst sah er im Werk von Helga Philipp ganz und gar erfüllt. Und Hans Carl Artmann, Mitglied der Wiener Gruppe, erkannte in ihr angesichts ihrer Kinetischen Kästen sogar „eine von uns“. Poesie der Logik lautet deshalb auch der Titel der von Brigitte Borchardt-Bierbaumer und Carl Aigner kuratierten Schau. In Kooperation mit der Universität für angewandte Kunst Wien präsentiert die Ausstellung zum Teil noch nie gezeigte Werke aus dem Nachlass der Künstlerin, die nachvollziehbar machen, mit welcher Konsequenz, ja fast wissenschaftlicher Stringenz Helga Philipp ihr Werk entwickelte.

 

Helga Philipp, Ohne Titel, 1968, Siebdruck, 24x48 cm
Foto: Courtesy Nachlass Helga Philipp / Galerie Konzett, Wien.

  

Vordringen und Veränderung durch Wiederholung und Variation – wie eine Grundlagenwissenschaftlerin geht Philipp seit 1960 an die Erstellung ihrer konkreten Arbeiten. Der Rezipient wird dabei zum Probanden ihrer Versuchsanordnung. Statt beschaulicher Betrachtung wird von ihm dynamische, partizipatorische Beobachtung gefordert: „Ich erwarte, dass er durch seinen Bezug, seine Bewegung, die Bereitschaft, seine Wahrnehmung zu verändern, sein Zulassen von Irritation der Grundbefindlichkeit, Verantwortung übernimmt für die Qualität des Geschehens.“ Grafik, Malerei oder Plastik – die von der Bildhauerei kommende Künstlerin, eine Studentin Hans Knesls, machte nie eine Unterscheidung. Ihre „Beobachtungsobjekte“ sind Zwitter, changierend zwischen den Gattungen. Variabel auch bezüglich ihrer Gestalt, die sich erst durch die wahrnehmungspsychologische und intellektuelle Erfassung des Betrachters konkretisiert.

Streng wirken die von einem konstruktiven Grundschema ausgehenden und in ihrer formalen Struktur rationalen Gesetzmäßigkeiten unterliegenden Werke. Zunächst. Denn wer sich auf den Dialog mit ihnen einlässt, dem erschließen sich vielfältige Möglichkeiten des Sehens. Karton und Transparentpapier, Siebdruck auf Folie, Plexiglas und Spiegel, Öl- und Wasserfarben, Aluminium- und Graphitstaub sind die Materialien mit denen Philipp ihre Bildkonzepte konstruiert. Ihnen auf den Grund zu gehen bedeutet, einzutreten in ein Koordinatensystem, das die Urelemente Quadrat und Kreis zueinander in Beziehung setzt, Reihungen, Schichten, Bewegungslinien und kontrastreichen Oberflächentexturen nachzuspüren, optische Umspringeffekte und Formwechsel zuzulassen, um sich schließlich in der Tiefendimension wiederzufinden, dem Spielraum und Kosmos von Helga Philipp. Der Formenreichtum erschließt sich durch Bewegung – Helga Philipp bewegt.

Text: Susanne Längle, erstveröffentlicht in: VERNISSAGE, Nr. 289, November 2009, S. 22 ff.


Helga Philipp
, Kinetisches Objekt, um 1963, Siebdruck/Glas/Holz.
Foto: Courtesy Nachlass Helga Philipp / Galerie Konzett, Wien.