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Mono, Poly, Konkret.

Imi Knoebel, Blinky Palermo, Heimo Zobernig u.v.a.m.


  GALERIE KONZETT
Wien
 23.10. - 21.11.2009

 

Vernissage: am Donnerstag, den 22. Oktober 2009, um 19:00 Uhr



Teilnehmende Künstler: Carl Andre (1935, USA), Walter Darby Bannard (1934, USA), Jack Bauer (1971, A), Joseph Beuys (1921-1986, D), Daniel Buren (1938, F), Alan Charlton (1948, GB), Christian Eisenberger (1978, A), Wolfgang Ernst (1942, A), Heinz Frank (1939, A), Markus Geiger (1957, CH), Philipp Goldscheider (1976, A) , Richard Hoeck (1965, A), Yves Klein (1928-1962, F), Imi Knoebel (1940, D), Zenita Komad (1980, A), Piero Manzoni (1933-1963, I), Olaf Metzel (1952, D), Otto Muehl (1925, A), Hermann Nitsch (1938, A), Blinky Palermo (1943-1977, D), Helga Philipp (1939-2002, A), Rudolf Polanszky (1951, A), Arnulf Rainer (1929, A), Ulla Rauter (1980, A), Thomas Redl (1965, A), Ad Reinhardt (1913-1967, USA), Gerhard Richter (1932, D), Dieter Roth (1930-1998, D), Stefan Sandner (1968, A), Alfons Schilling (1934, CH) , Rudolf Schwarzkogler (1940-1969, A), Gabi Senn (1960, A), Sara Sizer (USA), Hans Weigand (1954, A), Franz West (1947, A), Heimo Zobernig (1958, A)


Otto Muehl, Goldene Zeiten, 1988, Goldfarbe auf Karton, 44 x 44 cm. Foto: Erich Tarmann; Courtesy Otto Muehl / Galerie Konzett, Wien.

„Die Begrenzung ohne feste Grenze, die Vielfalt, die dennoch eine Einheit bildet; die Gleichförmigkeit, die durch die Anwesenheit eines einzigen Kräfteakzentes verändert wird; die Vibrationen und Überstrahlungen nebeneinander liegender Farbpartikel, das Kraftfeld, das aus lauter Variablen besteht, die Parallelen, die sich schneiden, und die Unendlichkeit, die in sich selbst zurückkehrt als Gegenwart, und daneben wieder das Quadrat in seiner ganzen Festigkeit, die Gerade, die von keiner Relativität getrübt wird, und die Kurve, die in jedem ihrer Punkte eine Gerade bildet, all diese Dinge, die scheinbar mit den täglichen Bedürfnissen der Menschen nichts zu tun haben, sind dennoch von größter Tragweite im Moment, wo sie zu Kunst werden.“ (Max Bill, 1949)

Die Herbstausstellung widmet KONZETT einer hochkarätig besetzten Übersichtsschau: 36 internationale Positionen geben einen Überblick über künstlerische Konkretionen, wie sie die Geometrische Abstraktion, die Farbfeldmalerei und die Op Art hervorgebracht haben.

Die totale Abstraktion vom Gegenständlichen proklamierte der Konstruktivismus, die Befreiung des Geistes von der bloßen Gegenstandsnachahmung. Im Suprematismus von Malewitsch erreichte diese Forderung ihren Höhepunkt: Das Schwarze Viereck auf weißem Grund (1913) markiert den Nullpunkt möglicher Reduktion von Form und Farbe. Mit seiner berühmten Bildserie Homage to the Square führte Josef Albers nach 1945 die konstruktivistische Abstraktion fort. Konsequente Formbeschränkung und Fokussierung auf die reine Farbqualität wurden zentrales Thema einer konkreten Kunst.

Als erste entdecken die amerikanischen Vertreter des Colour Field Painting die vielfältige Skala der Farbeigenschaften, Walter Darby Bannard ist hier zu nennen; The Veil (1959) so der Titel seiner Malerei, die im übertragenen Sinne den Schleier senkt über das traditionelle Tafelbild. Oder Ad Reinhard, der als Maßstab für Kunst „Einmaligkeit und Schönheit, Gemäßheit und Reinheit, Abstraktion und Auflösung“ nennt. Schwarze Quadrate als sichtbarer Ausdruck von Nichtfarbe und absoluter Negation sind für Reinhard metaphysische Ideenquellen im Sinne Malewitschs. Verdecken, Auslöschen, Stilllegung – die ebenfalls 1959 entstandene Übermalung von Arnulf Rainer ist mit ihrem gestisch-expressiven Duktus ein Beispiel für die zeitgleich in Europa entstehende Kunstströmung des Informel.

„Ich bin ein Künstler, der graue Bilder malt. Aber die Bilder entstehen nicht aus dem Interesse heraus, monochrome Malerei zu machen. Ich sehe nicht das Bild innerhalb seines Rahmens, sondern was mich interessiert, liegt außerhalb." – so konstatiert Alan Charlton, einer der bedeutendsten Vertreter der Minimal Art. Sein Line Painting (1979) scheint dies zu unterstreichen: „Außerhalb“ meint hier keinesfalls die Gefühle und Gedanken des Betrachters, wie dies im abstrakten Expressionismus der Fall ist, sondern das Verhältnis des Bildes zum Raum, das neben Materialästhetik und Lichtwirkung eine bedeutende Rolle im Minimalismus spielt. Bekannt für raumgreifende Arbeiten, die den Umraum und mit ihm den Betrachter in ihre künstlerische Produktion miteinbeziehen, ist Carl Andre, in der Ausstellung vertreten mit einer klassischen Minimal-Skulptur (1965): ein einfacher geometrischer Körper, gefertigt aus dem Industriematerial Beton.
Dynamische Rezipienten verlangt auch der Kinetische Kasten (1962) von Helga Philipp, ein eindrucksvolles Beispiel für Op Art, und das autobinäre Stereobild von Alfons Schilling – hier erreicht die Geometrische Abstraktion mit ihren autonomen Linien, Farben und Flächen einen Abstraktionsgrad, bei dem die optische Erfahrung des Objekts selbst zum Thema wird.

Imi Knoebel und Blinky Palermo, beide Schüler von Beuys an der Staatlichen Kunstakademie Düsseldorf, führen den Anspruch der konkreten Kunst, nicht länger vom Gegenständlichen zu abstrahieren, sondern eine eigene bildimmanente Realität zu kreieren, in den 1970er Jahre fort. Auch ihre Leitfigur Malewitsch: „Wir haben uns regelrecht gereinigt und gesäubert und uns versucht, so klar wie möglich darzustellen. Und da blieb natürlich sehr wenig übrig. Es führte immer dahin, dass eben nichts mehr da war.“ Knoebels skulpturaler Stapel aus rohen Hartfaserplatten (1969) und Palermos Schwarzer Kasten (1970) wirken aus sich selbst heraus – eine bedeutungsvolle Anspielung allein der Titel.

Wie Knoebel und Palermo gilt auch Heimo Zobernig als Vorbereiter für Neo Geo, einer im Verlauf der frühen 1980er Jahre einsetzende Tendenz, die sich als Gegenentwurf zur figurativ-expressiven Malerei der Neuen Wilden verstand. Auch seine Arbeiten sind unterkodiert und eigenschaftslos. Ähnlich wie Daniel Buren, der seine ursprünglich gemalten Bilder bald durch einen Markisenstoff ersetzte, den er 1965 auf einem Pariser Markt entdeckt und damit „den Nullpunkt der Malerei“ gefunden hatte, sind auch Zobernigs Arbeiten aufgrund ihrer Neutralität zunächst ohne Aussagekraft. Die Kontextfrage wird relevant. Wann wird ein Werk zu Kunst? Wenn es fertig gemalt ist? Wenn es an der Wand hängt? Im institutionellen Rahmen? Zobernig entlarvt das Scheinende: Bei der Pressspanplatte (1988) legen Fehlstellen den Blick frei auf das Material und die manuelle Arbeit, eine Materialaussparung entlarvt die Säule aus Kunstharzlack und Karton (1988) als Potemkinsches Fake. Was passiert, wenn das Kunstwerk selbst der Sockel ist, oder umgekehrt? Auch Franz West spielt mit Erwartungshaltungen – sein podestartiger Kubus ist aus Papiermaché.

Bei West kehrt etwas zurück, was bei Minimal-Strukturen bisher vermieden wurde: die „Handschrift“. Statt flächig eingefärbter Leinwand, wie beispielsweise bei Charltons erwähntem Line Painting , oder industriell erzeugten Kunststoffen, anschaulich verwendet bei der Arbeit BLACK (1969) von Wolfgang Ernst, wird diese entindividualisierte Fertigung nun unter Verwendung unterschiedlichster Materialien zugunsten des gestischen Mal- und Herstellungsprozesses aufgegeben: Wachs (Gabi Senn und Thomas Redl), Schokolade (Dieter Roth), Asche (Otto Muehl), Beton (Christian Eisenberger), Bleiche (Sara Sizer) und Morphochromen Topismen (1998) von Rudolf Polanszky.