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Ilona Németh

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  KNOLL GALERIE
 08.06. - 09.09.2017

 

Vernissage: am Mittwoch, dem 7. Juni 2017, um 19:00 Uhr  


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Ilona Németh, 17 567 2 850 5, Wallpaper, Kinetic object (69,5 x 159 x 75 cm), 2016. Courtesy Knoll Gallery Vienna.

"In gewisser Weise sind alle Dinge in einer längeren sozialen Tragödie erstarrte Momente. Alle Dinge sind kurze Ablagerungen von diesem oder jenem Eigentum, Fotografien, die die Wirklichkeit der Bewegung verbergen, von der ihre Gegenwart eine momentane Pause ist." Arjun Appadurai: The Thing Itself, 2006

Ilona Németh’s Einzelausstellung "Pack Up Everything..." ist eine Fortsetzung der langjährigen Beschäftigung der Künstlerin mit ihrer Familiengeschichte und den dazugehörigen politischen Momenten, die das Leben der Familienmitglieder beeinflussten. Die Ausstellung, die erstmals in der SODA Galerie in Bratislava gezeigt wurde, handelt von drei verschiedenen, persönlichen Geschichten. Jede Geschichte wird von einem Möbelstück verkörpert, das aus dem jeweiligen Inventar der Geschichte selbst stammt. Die Möbel stammen aus verschiedenen Perioden der Osteuropäischen Geschichte und sind damit Teil des politischen Klimas, das sie umgibt. Auch sind sie Zeitzeugen erfüllter und unerfüllter Träume ihrer Besitzer.

Das Titelstück der Ausstellung "Pack Up Everything. . . " (2016) zeigt einen Tisch, der die Geschichte reicher Bauern in der Nachkriegszeit aufzeigt, die ihr eigenes Land mit ihren Familien kultiviert. Dies war eine Zeit der Abrechnungen und Deportationen entlang der neu definierten Mitteleuropäischen Grenzlinien. Ungarische Familien, die in der Tschechoslowakischen Provinz lebten, wurden kollektiv als Kriegsverbrecher gebrandmarkt, vielen Menschen wurde ihre Staatsbürgerschaft aberkannt. Ein robuster, männlicher Klang steigt unerbitterlich aus dem Zentrum des Tisches hervor und kann als die kritische Stimme der Geschichte gegenüber interpretiert werden.

Ein weiteres Stück der Ausstellung zeigt einen bescheidenen Tisch in Tschechoslowakischem Design. Stück für Stück gleitet die glänzende Tischplatte hin und her. Das Werk mit dem Titel: 17 567 2 850 5 (2016) ist das Portrait eines Haushaltes in Zahlen, hinuntergebrochen auf den Saldo der Buchhaltung des Haushaltes. Der Tisch trägt die Spuren des Besitzers, der ein Überlebender des Zweiten Weltkriegs war und der die Tschechoslowakei verliess, um in Budapest ein wirtschaftliches Leben unter dem sozialistischen System zu führen.

Die Entscheidung der Künstlerin, spezifische Gegenstände als Reflektionen ihrer eigenen Geschichte zu manifestieren, erinnert an Arjun Apparrdurai´s wöchentlichen Artikel "The Thing Itself" und an seine „Idee, dass Personen und Dinge nicht deutlich voneinander getrennte Kategorien sind.“ Menschliche und materielle Themen sind verstrickt und durch ihre Transaktionen und sozialen Beziehungen definiert. Eine Person kann den Status eines Objektes annehmen während der Besitz eines Menschen dessen Stellung in der Gesellschaft definiert. In einer Welt globaler Netzwerke und asymmetrischer Beziehungen stehen die Menschen immer wieder vor der Frage, was sie letztendlich mit sich nehmen können und was sie hinter sich zurücklassen müssen.