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Default Productions, Ágnes Eperjesi, Paul Horn, Barbara Ipsics, Hilda Kozári

  KNOLL GALERIE
 11.06. - 29.08.2015

 

Vernissage: am Mittwoch, dem 10. Juni 2015, um 19:00 Uhr  



BIld

Als erfrischendes Gegenteil der einseitigen Kommunikation im öffentlichen Leben, erscheinen verschiedene  alternative Signalsysteme und Formen, sowohl in der Praxis des Alltags, als auch in der Tätigkeit der KünstlerInnen. Mittels experimenteller oder als Vorschlag deutbare Werke zeigen sich existenzbildende Möglichkeiten neu gedachter und gestaltender Kommunikation, sowie das emanzipatorische Potenzial von Aufmerksamkeit, Ironie und Humor.

Die Performance von Ágnes Eperjesi mit dem Titel „Gemischte Trauung (Mixed Marriage)“ reagiert auf das im Jahre 2009 eingeführte Sprachgesetz, welches die Vorrangigkeit der slovakischen Sprache gegenüber anderen Sprachen festschreibt, welche von lokalen Minderheiten gesprochen werden. Sie hat eine Hochzeit gemäß der lokalen Tradition im Trauungssal des Rathauses in Komarno veranstaltet, entsprechend der Zeremonie einer gemischten Ehe, in welcher der offizielle Standesbeamte ein Ungarisch-Slovakisch und ein Slovakisch-Ungarisch Wörterbuch verheiratet hat.

Die Problematik der Sprachen und Sprachlosigkeit, der Grad zwischen Verständnis und Missverständnis, von Codes und Minderheiten, erscheit auch in der Arbeit von Hilda Kozári. Das Zeichensystem von sehbehinderten Personen, die Brailleschrift, ist seit langem Medium in ihren Arbeiten, wobei sie durch spezifische Materialien mehrere Sinnesebenen (taktile und olfaktorische) aktiviert. Ihr neuestes Werk macht das Wort “VITA” sichtbar, welches auf lateinisch und italienisch “Leben”, ungarisch “Disput/Diskurs” bedeutet. Damit weist sie darauf hin, dass ohne auf Argumentation basierende Dispute, die das Denken und die alltägliche Existenz formen, Veränderung und Emanzipation unmöglich wären. Das gewählte Material Kupfer verweist auf den gewählten öffentlichen Kontext ihrer Arbeit im Sinne von Skulpturen im öffentlichen Raum, aber auch auf die antiseptische Wirkung des Materials - die reinigende Funktion einer Debatte. Die Vergrösserung der Zeichen der Brailleschrift zu Objekten provoziert Kollisionen von verschiedenen Referenzsystemen.

Das Fehlen einer Dynamik und eines demokratischen Geists in einer Debatte wird durch die Werke von Paul Horn artikuliert. In den kleinformatigen Bunkerobjekten sind Screens integriert, die Videos mit bekannten Reden oder Ansprachen zeigen. „Sei es die politische Rede, die religiöse Predigt, der wissenschaftliche Vortrag, das proklamierte künstlerische Manifest, die weisen Belehrungen eines Gurus, die Bilanzrede von CEOs vor den Aktionären, usw., - im Gegensatz zu individuellen Erfahrungen, die jeden begleiten und weiterbringen, hat die Rede immer die Form einer Belehrung eines Wissenden gegenüber einer Menge von Unwissenden. Die Praxis der Rede ist hierarchisch, anders als der Dialog oder die Diskussion mehrerer miteinander. Redner sind in verschiedenem Ausmaß von den Zuhörern entrückt, auf vergoldete Kanzeln gehoben, auf Podeste gestellt, von Mikrofonen umzingelt, hinter Plexiglas-Pulten verschanzt. Die präsentierten Gedankengebäude neigen oft dazu, sich zu verselbständigen, zu Dogmen zu werden, die gedanklich Kontrolle ausüben. So wie der anfangs flüssige Baustoff Giessbeton schlussendlich sehr hart wird, so verfestigen sich Worte und Ideen zu hohlen Phrasen. (...) Der Bunker manifestiert eine Architektur, die das Äußere und das Fremde als bedrohlich kennzeichnet.“

Bildsame Zeichensysteme und Situationen entfalten sich im Werk von Barbara Ipsics. Ein Interview mit einem jungen Mädchen bildet die Basis ihres Werks mit dem Titel „Verbotene Kontaktaufnahme“. Dabei schildert sie ihre Liebesbeziehung mit ihrem inhaftierten Partner, wobei die Kommunikation dieser Beziehung von der Straße passiert - durch ein spezielles System von Handzeichnen, das teilweise andere Frauen in ähnlicher Situation hervorgebracht haben.

Die Entwicklung ähnlicher Zeichensysteme als Gebrauchsanweisung für Glück oder Unglück sind in der Arbeit mit Infografiken der Künstlergruppe Default Production (János Brückner, Lóránd Bódi)zu finden. Durch die „Gebrauchsanweisungen“ weisen sie auf die Verbindung von verborgenen persönlichen Geschichten und einer entsprechend großen Hintergrundindustrie, die auf jenen Geschichten basiert, hin.

Der Titel der Ausstellung bezieht sich auf einen ungarischen Kultsong der 80erJahre, welcher ebenso jene selbstironische Herangehensweise ausdrückt, die in den Werken zu finden ist: „(…) die Situation hat keinen Grund dafür, sich von sich selbst zu ändern…“