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Just Paper

 Galerie Ulrike Hrobsky
 25.10. - 21.12.2013

Vernissage: am Donnerstag, dem 24. Oktober 2013, um 19:00 Uhr 


Die Galerie Hrobsky zeigt mit Just Paper eine Schau über den Umgang mit dem Medium Papier in der zeitgenössischen Kunst. Die Zusammenstellung aus nationalen und internationalen Künstlerinnen und Künstlern bietet einen Überblick über verschiedenste Techniken, die Papier als Werkstoff verwenden – von Arbeiten aus Papiermaché bis hin zu Scherenschnitten. Inhaltlich sind die Arbeiten breit gefächert: Während die Arbeiten von Jae Ko Naturphänomene thematisieren, die in abstrahierter Form die subjektive Wahrnehmung der Künstlerin verbildlichen, zeigt Silvia Schreiber mit ihren Sibyllen ganz konkret die menschliche Figur in Gestalt zweier Büsten. Die Zugänge der Künstlerinnen und Künstler mögen noch so verschieden sein, vereint sind sie in ihrer Affinität zum Material Papier.

Alexandra Deutsch (D) könnte man als Papierplastikerin bezeichnen. Als plastische Grundmasse verwendet sie flüssigen Papierpulp und schöpft ihre Papiere relativ dick, so dass sie trotz ihrer Verletzlichkeit einen gewissen Widerstand ausdrücken. Fremd und vertraut zugleich erscheinen Alexandra Deutschs Objekte, erinnern an einfache Organismen, an Pflanzen, Insekten, Meerestiere und sind doch ganz anders, nicht einzuordnen. Bei aller wesenhaften Anmutung sind sie abstrakt und sprechen eine eigenständige, künstlerische Sprache. Die Formen wirken organisch, wie gewachsen und scheinen nach vielen Entwicklungsprozessen und Wandlungen gereift. Das hängt mit einem langen Entstehungsprozess zusammen, in dem sich Farb- und Formideen in andauernder Zwiesprache mit dem Material verdichten.

Papier und das Medium der Tuschezeichnung bilden die Ausgangsbasis für die raumgreifenden Installationen von Birgit Knoechl (Ö) ebenso wie das künstlerische Verfahren des Papierschnitts, als dessen Pionier der Moderne Henri Matisse gilt. Er nannte diese Technik »mit der Schere zeichnen«. Birgit Knoechls Interesse gilt vor allem der Möglichkeit, dadurch die Line der Zeichnung tatsächlich in den Raum zu erweitern. Das Papier als zweidimensionaler Bildgrund verlagert sich zum Kunstwerk aus Papier. Der Werkstoff wird selbst zum Mittelpunkt und in seinen materiellen Eigenschaften und Eigengesetzlichkeiten genutzt und so neu interpretiert. Das Ausgangsmaterial wird aus seiner ursprünglichen Funktion gelöst und bearbeitet.

Die Künstlerin Jae Ko (US), deren Arbeiten bei Just Paper zum ersten Mal in Wien gezeigt werden, hat ihre experimentelle Papiertechnik in einem 20-jährigen Schaffensprozess entwickelt und verfeinert. Ausgehend von natürlichen Formen, wie die eines auf eine Wasseroberfläche fallenden Tropfens, schafft Ko komplexe, fein gearbeitete Papierobjekte. Aus unzähligen, hauchzarten Papierschichten, die auf den ersten Blick massiv wirken, sich jedoch beim zweiten Mal hinsehen als hautartige Lamellen entpuppen, werden die verschiedenen Formen aufgebaut. Die Farb- und Materialwirkung zieht den Betrachter in ihren Sog, die Arbeiten vermitteln auf einer sinnlichen Ebene Ruhe und Introspektion.

Die Arbeiten von Katharina Meister (D) irritieren, beunruhigen, werfen Fragen auf, lassen sich schwer einordnen. Ort und Zeit bleiben unbestimmt, und werden gerade dadurch thematisiert. In alten, ausrangierten Vitrinen oder Kästen aus naturhistorischen Sammlungen, in denen ehemals tote Insekten aufbewahrt wurden, fügt Katharina Meister ihre Installationen zusammen. Die Kästen zeigen deutliche Spuren der Zeit. Macht man sich ihren ehemaligen Verwendungszweck bewusst, unterstützt dies den Eindruck von Vergänglichkeit. Sie stehen für Leben und Tod und das was davon übrig bleibt. Gleichzeitig ermöglicht die Form der Vitrine, ihre Tiefe, einen eigenen Bildraum. Neue Räume entstehen, werden thematisiert und obwohl scheinbar unvereinbar zusammengefügt. Papierschnitte, Zeichnungen und skulpturale Elemente, häufig Fundstücke, teilweise alt und schon etwas verwittert, gruppieren sich im Bildraum. Verweise auf Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, auf Innen- und Außenraum sind zu finden, doch ihr Verhältnis zueinander erschließt sich nicht sofort, verlangt eine intensive Auseinandersetzung.

Die Cutouts Stefan Saffers (D) sind, was ihr Name vorgibt: Ausgeschnittenes. Der Künstler entwirft, zeichnet, „malt“ Linie und Form abstrakter Kompositionen, die bisweilen auch zum Text werden oder figurative Anleihen annehmen. Saffer schneidet ins unspektakuläre Material Papier oder Karton, zieht mit dem Cutter die Konturen nochmals nach. Die im ersten Entwurf gesetzten Linien und Flächen werden nochmals überdacht und für gut befunden oder dem radikalen Abschnitt unterworfen. Soweit ist ein Cut-out des Künstlers eher ein Cut-in, also ein bewusst stehen gelassene Papierfläche. Das auf zerstörerische Art und Weise Weggeschnittene mutiert zur Leerstelle des Werks. Das beinahe bildhauerische Fragment fragilen Papiers wird in Reihe, übereinander oder als
Solitär über feine Nadeln gehängt und findet so seinen Platz nicht an der Wand, sondern vor ihr. Bewusst beschreibt Stefan Saffer seine Werke als „Zeichnungs-Cutouts mit Schatten an den Wänden“.

Silvia Schreibers (D) Figuren mögen auf den ersten Blick wie schwere Abformungen von Tonskulpturen wirken, bei genauerer Betrachtung entpuppen sie sich jedoch als federleichte Figuren aus Papier. Ihre Leichtigkeit sieht man ihnen kaum an, sie sind skizzenhafte, mit großzügigem Duktus modellierte Körper und Portraits.
So finden die Figuren dauernd neue Positionen und ergreifen scheinbar Besitz vom ganzen Raum. Die Figuren sind anonyme Wesen mit einer intensiven Präsenz im Raum. Silvia Schreiber: „Es geht mir um eine Verbindung von Skulpturen sowohl mit dem Raum als auch mit den Betrachtern, um die flüchtige Existenz des menschlichen Daseins im fiktiven und realen Raum und darum, das jedes und jeder mit allem verbunden ist; eine kleine Veränderung alles verändert“.

Reinhard Wöllmer (D) kommt von der Malerei oder besser von der Beschäftigung mit der Spezifik der Farbwirkung. Dennoch ist ihm die Entwicklung des Plastisch-Räumlichen in der Arbeit wichtig. Er bezieht die Bewegung des Betrachters ein und arbeitet mit der lebendigen, sich in Nuancen ändernden Farbwirkung durch Licht und Schatten. Seine Arbeiten sind eine Annäherung von zwei bisher parallel laufenden künstlerischen Auseinandersetzungen - einer grafischen linearen und einer malerischen. Beide behandelt Wöllmer aber nie in klassischer Manier, immer spielt die Plastizität eine Rolle. Die Farbe trägt Wöllmer nicht auf, sondern er stellt eine Papiermasse her, der er Pigmente beimischt, sie auswalzt, presst und wölbt und sie auf diese Weise zu Farbobjekten wandelt, auf denen sich Hell- und Dunkelwerte durch Schichtung, Wölbung und Tiefe ergeben. Wöllmer konzentriert sich auf die formalen Aspekte von Kugel und Kreis und ihrer Überlagerung und Hinterfragung durch lineare Strukturen - bewusst auf den Eigenwert der Farbe verzichtend.