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Lotte Seyerl

"Gemischte Gefühle"

 Galerie Ulrike Hrobsky
 01.06. - 14.07.2007

Vernissage: am Donnerstag, dem 31. Mai 2007, um 17.00 Uhr


„Die neue Schönheit kann nur die einer Situation sein.“
(Guy Debord)
Gleichsam eine Liebeserklärung an den urbanen Raum präsentiert Lotte Seyerl ihre jüngeren Arbeiten in der Galerie Ulrike Hrobsky. Seyerl, die sich in den meisten Städten sehr schnell heimisch fühlt, beleuchtet in ihren Bildern die vielschichtigen Gefühlsspiegelungen, Wahrnehmungsebenen und Zufälligkeiten von zeitlichen Parallelen, fokussiert diese auf ihre lapidaren und doch so prägnanten Spuren. Während Architektur in ihrer üblichen Präsentationsform auf Schärfe basiert, legt sie Wert auf dezidierte Unschärfe, die die Technik der Malerei ihr ermöglicht.

Die Situationen, die sie dabei einfängt, sind dem Spekulativen völlig abgeneigt, vielmehr vermitteln sie eben die Unmittelbarkeit, die entsteht, wenn ein scharfer Blick in "Echtzeit" einen Moment aus dem Realitätsfluss reißt, vergleichbar mitunter der Fotografie und insofern auch den Faktor der Vergänglichkeit bereits in sich tragend.

Die Anonymität von Städten, die Unverbindlichkeit diverser Verortungen, die aber doch immer wieder auch zu absoluter Verbindlichkeit, zu größter Intimität und zu persönlichen Knotenpunkten führen, ist es, was Seyerl fasziniert und was in ihren Bildern zu tragen kommt. Meist geht sie dabei von Fotografien, oft zufälligen Schnappschüssen aus.Was dabei augenfällig ist, ist der absolut neutrale, unbeteiligte, jegliche Motive gleich – weil eben nicht – wertende Blick auf die jeweiligen Sujets. Wichtig ist Seyerl dabei, die im Kopf des Betrachters so evozierten Geschichten nicht zu steuern; diese sollen, genau wie in der reellen Situation zufälliger Beobachtungen und Eindrücke, dem jeweiligen Rezipienten überlassen werden, warum sie auch auf ein Spiel mit Irritationen verzichtet. So können etwa Bilder wie „Unter Linden“ oder „Mädchen auf Bank liegend“ ebenso als Filmstills gedeutet werden wie als Hommage an bestimmte Menschen und Situationen oder die etwas unscharfe Erinnerung an einen Traum. Städte, die auch selbst als Gefühlsträger fungieren können, werden so zu sich allseits öffnenden neuralgischen Knotenpunkten, die auch menschenleer funktionieren, die mitunter ihren Charakter in genau diesem Moment aus der jeweiligen Lichtsituation, der ja immer ein inszenatorischer Moment innewohnt, schöpfen. Die Besetzung von Orten mit verschiedenen Gefühlsebenen ist ein Phänomen, das Seyerl auch als Reisende immer faszinierte; die Verschränkung von städteplanerischem Geschick mit der persönlichen Geschichte der jeweiligen Passanten ergeben letztlich immer ein Ganzes, das wiederumso flüchtig ist wie die Augenblicke, die sie auf Leinwand bannt. Auch der Theorie wird in der Ausstellung Raum geboten: so haben ein Soziologe und ein Stadtplaner Textzitate zusammengestellt, die mit den Bildern eine Einheit ergeben.

Seit einem Aufenthalt an der Ostsee hat sie gelernt, das nördliche Licht zu lieben– mittlerweile trägt sie die Ölfarben beinahe lasierend auf den Kreidegrund auf und arbeitet so mit Leuchteffekten, die erst durch Reduktion entstehen. In dem großformatigen Bild „Lärm“ etwa ist eine Eisenbahnbrücke zu sehen, auf der mit Werbeplakaten hermetisch überklebte Gerüste den Blick auf Häuserzeilen und dahinter liegende Straßen teilweise verstellen; trotz ihrer Dichte bleibt die Szenerie sehr leicht und schwebend, beinahe luzide – der weite, offene Himmel verstärkt diesen Effekt noch. Die etwas unscharfen Silhouetten von Menschen wie Verkehrsschildern gemahnen an das flirrende, vibrierende Licht eines heißen Sommertags. Was an den neueren Arbeiten Seyerls ebenfalls auffällig ist, ist die zurückgenommene Farbigkeit. Verglichen etwa mit den Bildern aus der Serie „13 A“, in der sie auf kleinformatigen Leinwänden Eindrücke entlang der gleichnamigen Buslinie einfing, in denen der Kolorit als Stilmittel noch einheitlich eingesetzt wurde, erscheinen diese neuen Bilder reduzierter; gleichzeitig werden sie stärker von Hell- Dunkelkontrasten bzw. Schwarz/Weiß-Effekten, in die farbliche Akzente gesetzt werden, dominiert. Seyerls spezifischer Blick auf ihre Umgebung und die Umsetzung in die jeweiligen Bildwelten ist sicherlich auch durch ihren Umgang mit den verschiedenen Medien bedingt. So beschäftigte sie sich neben der Fotografie auch mit den Möglichkeiten der Computeranimation und den Verschränkungen undÜberschneidungen der diversen Techniken. Eine weitere Gelegenheit, Seyerls lustvollen Umgang mit architektonischen Eigenwilligkeiten zu genießen, bietet sich diesen Sommer dem Salzburg-Besucher: in der Garagengalerie der Stadt Salzburg wird sie im Rahmen der Ausstellung „Urbanes Layout“den ironischen Zyklus „gestohlene Kirchtürme”, eine spezifisch für Salzburg entstandene Serie, präsentieren.

Lotte Seyerl studierte an der Akademie der bildenden Künste in Wien bei Prof. Eckert. Sie ist Mitglied der Wiener Secession und unterrichtet an der Universität für angewandte Kunst.