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Christofer Kochs

„Relative Nähe“

 Galerie Ulrike Hrobsky
  16.09. - 15.10.2005

Vernissage: am Donnerstag, den 15. September 2005, um 17.00 Uhr



Christofer Kochs, geboren 1969 in Osnabrück, Studium an der Akademie der bildenden Künste, München, Meisterschüler – studentische Assistenz in der Lithografiewerkstatt der Akademie der Bildenden Künste München bei Prof. Karl Imhof, Lehrauftrag für Lithografie an der Fachhochschule Augsburg, lebt und arbeitet in Augsburg.

 

„Relative Nähe“ assoziiert für mich einerseits das Wissen um die Gefahr des Scheiterns: Ein Künstler des 21. Jahrhunderts weiß, dass er seinen Gegenstand niemals absolut erfassen kann, sondern ihm nur relativ nahe kommen kann. Andererseits enthält die Formulierung in der Offenheit ihrer sprachlichen Bedeutung zugleich den selbstbewussten Anspruch des Künstlers „relativ nah“, also im Verhältnis zu den Möglichkeiten „sehr nah“, an seinen Gegenstand heranzukommen.

Nicht verbergen will ich, dass es natürlich noch andere Assoziationen mit dem Begriffspaar gibt, die man ebenfalls nicht völlig außer acht lassen sollte: So wird man sich „relativ nahe“ vor die Papierarbeiten von Christofer Kochs stellen müssen, um sich angemessen mit Duktus und Struktur der Mischtechniken auseinandersetzen zu können. Außerdem bleibt die Frage welche „relative Nähe“ der Künstler beim Blick auf ihn selbst zulässt.

„Relative Nähe“, das kann eine in einem bestimmten Spannungsverhältnis auf die Fläche gesetzte Umrissfigur einer Frau oder eines Mannes sein. Gelegentlich sind die Haare näher ausgeführt, manchmal ist ein Detail des Gewandes präzisiert, in einigen Fällen ist der Hintergrund eher hell angelegt und in anderen erscheint er dunkel und die Figur ist wie ein Schattenriss davor gesetzt. Stets aber scheint Kochs eine allzu genaue Schilderung seines Gegenstandes vermeiden zu wollen, fast als spürte er eine gewisse Scheu vor zu großer Nähe.

Die Balance zwischen dem, was der Künstler an Präzisierung vorträgt und dem was der Betrachter aus solchen Bildelementen in seiner eigenen Wahrnehmung werden lässt, erscheint mir persönlich in Kochs’ Zeichnungen besonders gut ausponderiert. Zeichnungen mit ihrer vielfach skizzenhaften Erscheinung haben ja bekanntlich die Eigenschaft, dass der Betrachter sie für sich gewissermaßen „zu Ende malt“. Da genügen dann die Abkürzung eines in bestimmter Weise auf das Papier gesetzten Kopfes mit Schulter, einige Angaben zur Physiognomie und eine durch wenige impressionistisch anmutende farbige Flecken erzeugte Stimmung um in uns, bei jedem auf eigene Weise, eine bestimmte Aussage des Bildes zu evozieren.

Augenscheinlich mit der Kettensäge oder einem anderen „groben“ Werkzeug mit schnellen Hieben aus dem Stamm gefressene Torsi offenbaren ihre menschliche Natur erst auf den zweiten Blick. Genau wie in der Malerei oder wie in den Zeichnungen kürzt Kochs radikal ab. Vielfach hat man den Eindruck, dass er es dem Betrachter überlässt, ob er in der einen oder anderen Form so etwas wie einen Arm oder aber die Andeutung der Umrisslinie eines Körpers sehen möchte.