Ausstellungsliste nach Galerien
 Ausstellungsliste nach Künstlern

Ein Original von ... (IV)

 


GALERIE GÖLLES
 19.11.2016 - 10.01.2017

 

Vernissage: am Samstag, dem 19. November 2016, 11:00 - 18:00 Uhr

Herbert Brandl | Günter Brus | Christian Eisenberger | Alfred Haberpointner | Johanna Kandl | Karl Karner | Josef Kern | Ronald Kodritsch | Zenita Komad | Andreas Leikauf | Alois Mosbacher | Raimund Pleschberger | Robert Schaberl | Peter Skubic | Thomas Stimm | Uta Weber | Wolfgang Wiedner | Otto Zitko

bild
Alois Mosbacher, Gartenhund, 2015, Öl auf Leinwand, 95x75 cm

Alois Mosbacher - Reflexe

Alois Mosbachern ist einer „der zentralen Maler aus Österreich in seiner Generation“ und gehört sicherlich zu den „frischesten Bildschöpfern des abgelaufenen Jahrzehnts“. ¹ Der Kurator und Kunsttheoretiker Robert Fleck konstatierte im Rückblick auf Mosbachers Schaffen, dass er immer zentrale Fragestellungen des zeitgenössischen Kunstdiskurses in seiner Malerei verhandelt hätte. In einer Gegenwart, in der sich die Menschen angesichts unübersichtlicher und sowohl medial als auch politisch instrumentalisierte Bedrohungsszenarien immer mehr in die vermeintliche Idylle des häuslichen Glücks zurückziehen und das Schlagwort eines neuen Biedermeier zirkuliert, malt Mosbacher Gartenbilder und konzipiert eine Ausstellung mit retrospektiver Ausrichtung zu diesem Thema.
Der Garten, das umzäunte kleine Grundstück, ist der individuelle Gegenentwurf zu einer als chaotisch und bedrohlich empfundenen Umwelt. Der Zaun oder die Mauer grenzen den Garten nicht nur als Zufluchtsraum ab, sondern auch als Rückzugszone aus einer fremdbestimmten Existenz. In Mosbachers Schaffen übernimmt er die Funktion, die der Wald in seinen früheren Bildern innehatte, ein komplexes Geflecht kultureller Vorstellungen und Zuschreibung zu sein. Als heile Welt im Miniaturformat ist der Garten daher immer Projektionsfläche und somit Spiegel des Menschen und der Drangsale seiner Zeit.
Ein durchgängiges Thema von Mosbachers Malerei ist das Ausloten narrativer Möglichkeiten. In jedem Bild geht es ihm um eine spezifische Stimmung, die eine Handlung nahelegt, die sich ereignen kann, aber nicht muss. Es geht um die Anlage eines narrativen Moments, das einerseits die Imagination des Betrachters stimuliert und andererseits den Ort der Darstellung wesentlich bestimmt. Malerei definiert sich für Mosbacher wesentlich durch Handlung und Bildgeschehen. Unterschiedliche Szenerien erfordern bzw. bedingen unterschiedliche malerische Möglichkeiten.
Die schreitenden Menschen in seiner Serie der „Walker“ vermessen als potenzielle Handlungsträger die gemalte Landschaft. Dienen sie dem Betrachter als Einstieg in das Bild, so sind sie für den Künstler malerischer Anlass und Problemstellung. Ähnlich wie die Hunde, die er seit 2000 in unregelmäßigen Rhythmen malt, geht es Mosbacher dabei nicht primär um das Motiv, sondern um die malerischen Möglichkeiten, die sich ihm damit bieten und die Implikationen, die sich daraus ergeben.
In einer seiner letzten Serien – Aftermath – hat er sich mit dem Begriff und dem Themenkreis des Postapokalyptischen auseinandergesetzt. In die Jahre gekommene und im Wald entsorgte Technik dient ihm als Attribut für eine gesellschaftspolitische Beschreibung, die in der Gegenwart ansetzt und auf eine potenzielle Zukunft vorausweist. Eine der wesentlichen Implikationen dieser Arbeiten ist für ihn die Frage nach den Nischen für Menschen, die an den Rändern der Gesellschaft leben. Er rückt die Außenseiter in seinen Fokus, die nicht den Konventionen entsprechen wollen, die sich Schlupfwinkel in der uniformen Struktur menschlichen Zusammenleben suchen und mitunter in die „Wildnis“ des Waldes zurückziehen. Die Arbeit „Shelter“ erscheint als Nachhall der damaligen Überlegungen. Die Ordnung der Natur in Wechselwirkung mit gesellschaftlichen Utopien durchzieht das Oeuvre von Alois Mosbacher wie ein roter Faden.
Jedem Bild geht eine lange Recherche voraus. Er sucht im Internet Bilder, wählt diese aus und setzte sie auf der Leinwand in Beziehung zueinander. In seiner neusten Serie „Ascension“ setzt er dieses digitale Bildarchiv nicht mehr malerisch in Beziehung, sondern verdichtet die Motive zu digitalen Bildcollagen und akzentuiert sie nachfolgend durch Pinsel und Farbe.
Die Malerei präsentiert sich heute nicht mehr als klar abgegrenzte Gattung, sondern als offenes kulturelles Feld, das sich zwischen der historisch gewachsenen Malerei, den neuen Kunstformen, den ökonomisierten Produktionsmechanismen, der medialen Popkultur und den digitalen Welten aufspannt. Die Leinwand dient Künstlern wie Alois Mosbacher als Grund für Bilder, die Wirklichkeit über deren vielfältige digitale und mediale Spiegelungen repräsentieren. Dieses Verständnis von Malerei als einer eigenständigen Realität, die sich nicht auf die Darstellung oder Abstraktion der (Um)Welt beschränkt, sondern aufmerksame Beobachtungen, theoretische Reflexionen, und gesellschaftskritische Inhalte mit medienimmanenten Überlegungen verknüpft, zeichnet eine Kunst aus die am Puls der Gegenwart angesiedelt ist.

 

Roman Grabner, 2016


Robert Fleck, Vom Pathos freiarbeiten. Die Aktualität von Alois Mosbachers Malerei. In: Outside Fiction. Ausst.-Kat. Neue Galerie Graz. Ostfildern-Ruit 2010, S. 86-91, 88.

bild
Kurator Roman Grabner, Künstler Alois Mosbacher und Galerist Anton Gölles

bild
Alois Mosbacher, Zwillinge